Folia Theologica 16. (2005)
Imre Koncsik: Künstliche Intelligenz - was kann die Dogmatik zur Diskussion beitragen?
106 1. KONCSIK Daher kann über die Möglichkeit der Simulierbarkeit eines menschlichen Geistes nicht definitiv entschieden werden: die These der starken Kl ist zwar zurecht anzweifelbar, weil nicht verifizierbar, die These der schwachen Kl jedoch bleibt der zukünftigen wissenschaftlich-technischen Entwicklung anheim gegeben. Ob dann eine möglichst vollständige Simulation eines Menschen durch eine artifizielle Struktur im ontologischen Sinn nicht nur einen Geist zu haben vorgibt, sondern im Sinn der starken Kl wirklich einen Geist besitzt, bleibt offen: kann im praeternaturalen Fall von der Erscheinung des Geistes auf seine Realität geschlossen werden? Hirn : Hardware = Geist : Software? Die Kl beruht demnach positiv auf einer als Differenz erkannten Relation zwischen zwei qualitativ unterschiedenen und keineswegs getrennten Wirklichkeitsbereichen. Vordergründig besteht eine proportionale Analogie, insofern die Software etwas Mentales, nicht Stoffliches, Abstraktes darstellt ebenso wie der Geist, und die Hardware materiell, empirisch messbar etc. ist - ebenso wie das Gehirn, das aus elektrisch sich aktualisierenden Verschaltungen besteht. So wie der Geist sich des Instrumentariums Gehirn bedient, insofern er es ist, der aus der als Anweisungsmatrize interpretierbare neuronale Verschaltung bestimmte Muster sich aktivieren lässt, so aktiviert und aktualisiert der Input der Software entsprechende Rechen- und Verarbeitungsschritte auf der Hardware. Die Beziehung zwischen Hardware und Gehirn scheint plausibler als die zwischen Software und Geist, wenn auch wohl am ehesten ein Quantencomputer mit gezielt quantenmechanischen Strukturen — wenn er überhaupt realisierbar sein sollte - dem Gehirn entspricht. Der dogmatologisch und metaphysisch beschriebene Geist jedoch weist qualitative Differenzen zur Software auf: Hier tauchen philosophische Grundsatzprobleme auf, die das Verhältnis zwischen Determination und Selbsttätigkeit, Sein und Werden, a priori und a posteriori betreffen. Ein sich ebenfalls heraus kristallisierter Unterschied bezieht sich auf das interne Qualitätsmerkmal „schöpferische Selbstaktuierung" des Geistes: die Software gestaltet sich nicht wie der Geist „schlechthin" als Software selbst, sondern nur in bestimmten, fest determinierten Hinsichten; sie strukturiert sich nicht einfach neu,