Folia Theologica 15. (2004)

Christian Göbel: Philosophie des Mönchseins

PHILOSOPHIE DES MONCHSEINS 7 in der Tradition des neuplatonisch-paulinischen Dualismus we­sentlich auf die Geistseele des Menschen bezogen wird. Darin sind die Gläubigen nach 1 Kor 3,16 „Tempel Gottes": „Wißt ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid, und der Geist Gottes in euch wohnt?". Der mystische Weg zur Gotteserkenntnis zeichnet sich - beson­ders, wo er als Weg der Innenwendung begriffen wird - durch sei­nen Charakter als Weg des geistig-geistlichen Fortschritts aus. In der Brautmystik steht am Ende des Aufstiegsweges zu Gott - des­sen biblischer Bezug u.a. die Jakobsleiter (Gen 28, 12) ist - gar ein „matrimonio espiritual", wie es etwa Teresa von Avila in ihrem Ca­stillo interior o Las Moradas beschreibt7. Bei Augustinus selbst wird dieser Weg in De quantitate animae dargestellt, und eines der heraus­ragenden Werke dieser Tradition ist Bonaventuras Itinerarium men­tis in Deum mit seinen „sechs Stufen des Aufstieges zu Gott"8. Eine besondere Rolle spielt dabei die Katharsis, die Läuterung und my­stische Reinigung der Seele von Sinnlichkeit und Leiblichkeit und das Freilegen des göttlichen Seelen-Kerns (oder „Seelenfünkleins"), wobei z.B. Meister Eckhart die paulinische Bezeichnung der Seele als „Tempel Gottes" mit der allegorisch-spirituell gedeuteten Erzäh­lung von Jesu Säuberung des Tempels (Mt 21,12f.) verbindet. So be­ginnt auch die spekulative Mystik Meister Eckharts mit ganz kon­kreten Forderungen der äußeren und inneren Sammlung; der Gläu­bige, der sich auf die philo-sophische Suche nach Wahrheit und Gottesschau macht, muß sich des an Leib und Äußerlichkeiten ver­fallenen egoistischen Selbst entledigen, die Seele leeren, um Gott „eine Wohnung zu bereiten", für die „Eingeburt" des Sohnes in der Seele9. Seine besondere Ausprägung hat der Stufenweg geistlichen Fortschritts im Mönchtum bekommen10. Seit wenigen Jahren ist 7 Freilich zeugt die Mystik Teresas in besonderer Weise davon, daß die „Ver­wandlung des Schauenden“ (s. Anm. 4) nicht nur eine persönliche Verzü­ckung meint, sondern auch eine konkrete, soziale Kraft, die Teresa z.B. in der Reform ihres Ordens (zusammen mit Johannes v. Kreuz) beweist. Via con­templativa und via activa gehen immer zusammen. 8 Bonaventura: Itinerarium 1,6 9 Meister Eckhart: Deutsche Predigten und Traktate, (ed. J. QUINT.) Mün­chen, 1955, 213 10 Vgl. allgemein dazu M. SHERIDAN - J. DRISCOLL (Ed.), Spiritual Pro­gress. Roma, 1994 (Studia Anselmiana 115)

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