Folia Theologica 15. (2004)
László Holló: Der Beitrag der Kirche zum Zusammenleben der Volksgruppen
DER BEITRAG DER KIRCHE 37 Jesus hat sich für die Armen und Rechtlosen eingesetzt und so die Strukturen der damaligen Gesellschaft in Frage gestellt. Zwar hat er nicht im üblichen Sinn Politik betrieben: weder schloss er sich den Zeloten an, die auf eigenmächtige und blutige Weise die messianische Zeit herbeiführen wollten, noch machte er gemeinsame Sache mit den mit Rom zusammenarbeitenden Sadduzäern. Die führende Schicht verstand aber sein Wirken doch als eine politische Gefährdung. Hätte Jesus nur ein jenseitiges Reich Gottes gepredigt und nicht eine neue Menschenwelt die schon jetzt anheben soll, so wäre er nicht beseitigt worden. Eine Lehre daher, die der Kirche das Heil der Seelen und den religiösen Trost überlässt und dem Staat die weltliche Ordnung allein anvertraut, kann vor dem Evangelium nicht bestehen. Sie wäre eine Lehre für eine Gesellschaft, die sich christlich nennt, aber keine Konsequenzen will. Die Kirche soll Partei nehmen nach dem Beispiel Christi, nicht im Sinne einer politischen Partei, sondern Partei ergreifen gegen allen Opportunismus, gegen das Recht des bloß Stärkeren, gegen den Gruppenegoismus einer Volksgruppe oder einer ganzen Nation. In der Gesellschaft selbst entsteht eine gewalttätige Stimmung. Es ist die Aufgabe christlicher Verantwortung, immer wieder daran zu erinnern und öffentlich davon zu sprechen, dass Gewalt in keinem Falle die Grundlage menschlichen Zusammenlebens bilden kann. Die Kirche erkennt das Recht der Minderheiten an, für mehr Gerechtigkeit im gesellschaftlichen und politischen Leben zu kämpfen, aber als Mittel kann sie Gewalt und Terror nicht akzeptieren. 2.1. Rückbesinnung auf den biblischen Universalismus Die Weltreligionen und so auch die katholische Kirche, von ihrer Entstehung, aber auch von ihrer Anlage her, erheben einen universellen Anspruch und darum sind sie darauf bedacht, ethnisch-kulturelle, sprachliche, politische, ideologische und andere Unterschiede nicht zu thematisieren. Die Kirche hat einen universalen, übernationalen Öffentlichkeitsauftrag. Ihr Auftrag lautet: „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!"(Mk 16,15b) Die