Folia Theologica 15. (2004)

László Holló: Der Beitrag der Kirche zum Zusammenleben der Volksgruppen

36 L. HOLLÓ Die Weltkirche ist heute herausgefordert, zu den anstehenden nationalen Fragen Stellung zu nehmen, den Menschen eine Orien­tierung zu bieten, zusammen mit anderen Kräften tätig zu werden. Dies schließt keineswegs aus, dass bisweilen auch ein klares Nein dort zu sagen ist, wo gefährliche Entwicklungen drohen. Es sind nämlich, wie oben dargestellt, vom biblischen Standpunkt aus jeder Nationalismus und Chauvinismus und jegliche Geringschätzung oder Verachtung des anderen Volkes, sei es der Mehrheit oder der Minderheit, entschieden abzulehnen. Nationalismus und Chauvi­nismus sind immer unchristlich und widersprechen der Wahrheit, dass jeder Mensch ohne Ausnahme als Abbild Gottes erschaffen wurde. 2. Die Aufgabe der Kirche: Konfliktbewältigung Die Geschichte des letzten Jahrhunderts, und vor allem die Er­eignisse im ehemaligen Jugoslawien und in der ehemaligen Sowjet­union haben gezeigt, dass die Menschenrechte und die Rechte von Völkern sich nicht durch Gewalt, sondern nur in einem loyalen und beharrlichen Dialog verwirklichen lassen. Die Soziallehre der Kir­che, in den Sozialenzykliken der Päpste hat das immer deutlich be­tont und hat dies weiterhin zu betonen. Die Frage der Konfliktbewältigung ist sicherlich in einer kom­plexen Lage nicht nur eine Frage des guten Willens und der per­sönlichen Einsatzbereitschaft. Es kommt vielmehr auf die richtigen Maßnahmen an, um den Frieden zu sichern, die nationalistischen Auseinandersetzungen beenden zu helfen und die Gefahr eines Bürgerkrieges zu vermeiden. Die Forderungen des Evangeliums enthalten keine unmittelba­ren und konkreten Anweisungen für das Handeln in der Minder­heitenfrage. Sie eignen sich darum nicht als Waffe in den tagespoli­tischen Auseinandersetzungen. Es wäre jedoch eine unzulässige Verkürzung seiner ursprünglichen Wahrheit, wenn man den An­spruch des Evangeliums nur in seinem religiös innerlichen Sinn, nicht auch in seiner politischen Tragweite erkennen würde.13 13 Vgl. L. HOLLÓ, A multikulturalitás és nemzetiség érték(telenség)ének bibliai alapjaihoz, in Studia Theologica Transsylvaniensia 4 /2003, 135-148.

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