Folia Theologica 15. (2004)

Christian Göbel: Philosophie des Mönchseins

30 Ch. GOBEL heitssuche philosophischer Bildung - deren Anspruch damit zu­gleich dahingehend relativiert wird, daß die Wahrheitsfrage inso­fern nie ganz offen sein kann, als der Begriff der Wahrheit als sol­cher einen unbedingten Absolutheitsanspruch stellt. Es handelt sich um eine ganzheitliche Philosophie, nicht mehr nur um Selbst­sorge, sondern um bewußte Seelsorge. Den platonischen Schein-Anspruch der Voraussetzungslosigkeit stellt der monasti- sche Weg nicht, sondern er baut auf eine vorhergehende Einsicht, auf ein - vielleicht noch unpräzises, aber doch schon gerichtetes - Sehnen; und gerade deswegen begibt sich der Mönch in die Obhut der Führung eines geistlichen Vaters. So sehr also die plato- nisch-sokratische Dialektik - in der gezeigten Fehlform - und die evagrische Seelenführung in dem Charakter ihrer Bildungswege als in der Struktur dem Einzelnen nicht bewußte Leitung Übereinkom­men - in diesem Anspruch und der damit verbundenen vorausge­setzten Mündigkeit des Schülers (d.h. seiner Fähigkeit zur Ent­scheidung zu diesem Weg) unterscheiden sie sich. Niemand, der Ad Monachos zur Hand nimmt, kann über sein Ziel getäuscht sein. Wenn der Weg zur Wahrheit immer nur schon im Horizont der Wahrheit beschritten werden kann64, dann erst recht, wo die Wahr­heit in ihrer Personifikation in Christus gesehen und gesucht wird. So ist letztlich auch der ganze Weg, auf dem man sich Evagrius an­vertraut, nicht ein Weg zu etwas gänzlich Neuem, sondern Bewußt- werdung und Intensivierung von schon Vorhandenem und Be­kanntem; er beginnt bei der Sehnsucht nach geistiger Durchdrin­gung der Glaubensgeheimnisse und führt von der Liebe Gottes als bloßem Wort und Glaubens-Satz zu ihrer wahren, ge- und erlebten Erkenntnis. 64 Hier bleibt der Ort für die rechte Form von Dialektik und logischer Schulung.

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