Folia Theologica 15. (2004)
László Holló: Der Beitrag der Kirche zum Zusammenleben der Volksgruppen
FOLIA THEOLOGICA 15 (2004) 31 László HOLLÓ DER BEITRAG DER KIRCHE ZUM ZUSAMMENLEBEN DER VOLKSGRUPPEN Seit dem Erscheinen der Nationalstaaten und damit der Minderheitenproblematik am Anfang des 19. Jh. hatten gesellschaftliche und kulturelle Modernisierungsprozesse die politischen Kompetenzen von Kirche und Theologie, die diese vorher hatten, zerrieben. Die Kirche darf trotzdem nicht abseits stehen. Eine Kirche, die an den neuzeitlichen Erscheinungen im Volks- und Staatsleben teilnahmslos und gleichgültig vorübergehen wollte, gäbe den lebendigen Zusammenhang mit dem Volke auf und dürfte sich nicht wundern, wenn sie in den Augen der Gläubigen allmählich ihr Ansehen einbüßen würde. Um Glauben und Politik gesellschaftlich weiterhin aufeinander beziehen zu können, wird den Christen und ihrer Kirche nun eine ethische Reflexion der politischen Praxis aus dem Glauben abverlangt. 1. Die Problematik des multikulturellen Zusammenlebens Das Christentum nimmt in seiner Beziehung zur Nation eine paradoxe Haltung ein. Als monotheistische Religion ist es völkerüber- greifend und universal, zugleich aber muss es gerade wegen seines Universalismus eine besondere Beziehung zur Kultur und Eigenart jedes einzelnen Volkes suchen, dem es sich mitteilen will. Die Kirche anerkennt die Zugehörigkeit zu einer Nation als objektive Gegebenheit und zudem als Wert.1 1 Vgl. dazu Libertatis Conscientia 96, Instruktion der Kongregation für die Glaubenslehre über die christliche Freiheit und die Befreiung (1986), in: Texte zur katholische Soziallehre. Die sozialen Rundschreiben der Päpste und andere kirchliche Dokumente, hg. vom Bundesverband der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands - KAB (Einführung von O. v. NELL-BREUNING SJ - J. SCHASCHING SJ), 7. Aufl. Köln 1989. Vgl. noch Mater et magistra 181, Sozialenzyklika Johannes XXIII. (1961) in: ebd.