Folia Theologica 15. (2004)

Christian Göbel: Philosophie des Mönchseins

PHILOSOPHIE DES MONCHSEINS 23 schon Wissenden - selber finden, weil seine vermehrte Anstren­gung sein Gedächtnis stärken wird und auch, weil der Eindruck, selber zur Wahrheit gelangt zu sein, nachhaltiger überzeugt. Hier­bei handelt es sich nicht um Bevormundung, weil die Methode im Dienst einer Wahrheit steht, die auch der Belehrte hinterher einse- hen wird. Anders liegt der Fall, wenn es auf eine Metaebene geht, die Wahrheitsfähigkeit grundsätzlich erklären will. Hier geht es um die spekulativen Bemühungen um Weltprinzipien u.ä.. Diese aber kön­nen sich nicht auf die intersubjektiv überprüfbare Rückgebunden­heit z.B. an die Sprachgemeinschaft oder empirische Regeln beru­fen, auf Wahrheiten, die jedem immer schon zugänglich sind. Gera­de diesen Eindruck erweckt aber die platonische Dialektik dort, wo sie ihre berechtigte Rolle verläßt und dazu mißbraucht wird, be­stimmte persönliche und unverbindliche Spekulationen zu vermit­teln, d.i. in den späteren Dialogen, wo der historische Sokrates samt seiner dialektischen Methode zur literarischen Figur Platons wird, die er nun mit der vermeintlichen Objektivität eigener Lehren an­füllt48. Demgegenüber muß betont werden, daß diese Methode nicht mehr leisten kann, als zur vorher gefundenen Meinung des Gesprächsführers hinzuführen - ob diese nun der Wahrheit ent­spricht oder nicht. Sie ist nur in äußerst „bedingtem Sinne (...) eine Methodenlehre, eine Reflexion auf das Denken", denn Platons „auf Objektivität gerichtetes Bewußtsein", dem es „offenbar völlig un­faßbar ist, daß die individuelle Subjektivität ein Gegenstand der Forschung sein könnte"49, erkennt gerade aufgrund dieser Disposi­tion nicht - und verschleiert dementsprechend -, daß seine ver­meintliche Objektivität, sein intuitives Geistschauen der Wahrhei­ten, ewigen Prinzipien und Ideen, höchst subjektiv ist. Übrigens bestätigt sich dieser Eindruck auch in der o.g. hadot- schen Darstellung der originalen sokratischen Dialektik als pädago­gisches Instrument im Dienste der Selbsterkenntnis des Einzelnen. Denn das philosophische Motiv der Selbsterkenntnis ist im Kontext 48 Vgl. HARTMANN, a.a.O. Besonders im Symposion (209e ff.) könnten die Unterschiede und Abgrenzungen zur sokratischen Lehre eine Rolle spielen, dagegen jedoch P. FRIEDLÄNDER, Platon. Bd.3. Berlin, 31975, 435. 49 J. STENZEL, Studien zur Entwicklung der platonischen Dialektik von Sokra­tes bis Aristoteles. Darmstadt, 1961, 10

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