Folia Theologica 15. (2004)
Christian Göbel: Philosophie des Mönchseins
24 Ch. GOBEL der griechischen Philosophie terminologisch klar festgelegt: es meint die - dem Gesprächsführer schon bekannte - allgemeine Definition des Gattungswesen Mensch als Träger einer göttlichen, vernunftbegabten Seele, die der Einzelne in sich finden und in seinem Leben umsetzen soll50; es meint nicht - im modernen, psychologischen Sinn - eine auch Sokrates noch unbekannte individuelle Persönlichkeit des Subjektes der Selbsterkenntnis. So sehr eine solche Methode im Fall der asketischen Dimension der antiken Philosophie zur Lebenshilfe und Selbstsorge des Einzelnen beigetragen haben mag - so sehr ist sie im Sinne der akademischen Bemühungen um die Wahrheitsfindung aufgrund ihres suggerativen Charakters zurückzuweisen51. Letztlich scheint es Platon besonders da, wo Philosophie keine freie Wissenschaft mit Selbstzweck mehr ist, sondern sich - gemäß dem Programm der Po- liteia52 - als bloßes Instrument in die Ausbildung der Herrschenden, der künftigen Staatselite, einreiht, wichtiger zu sein, seine Wahrheiten zu vermitteln als deren Methoden (der Erkenntnis wie der Vermittlung). Hier nimmt Platon in gewissem Umfang die Unterordnung der philosophischen Wahrheitsfrage unter eine politisch-pädagogische Täuschung im Dienste seiner Überzeugungen von der Wahrheit bewußt in Kauf. Die monastische und die philosophische Bildung kommen darin überein, daß beide Führung der Jungen sind. Im Zentrum ihrer Methode steht damit ein tutoriales System, die geistige oder/und seelische Führung durch einen ,Meister'. Als erster großer Meister dieser Art wird zumeist Sokrates angesehen. Instrument seiner pai- deia ist die dialogische Dialektik. Allerdings haben wir gesehen, daß sich dieser pädagogische Charakter der sokratisch-platonischen 50 Plat Alk 133b/c 51 Hier erscheint sie als Manipulation, gegen die erst Aristoteles die Logik entwickelt hat, deren Zweck die Kontrolle der eigenen Vorurteile ist. Wo die spätere Logik stets zwischen Wahrheit und Gültigkeit unterscheidet und darum weiß, daß sie nur zu letzterer Aussagen machen kann, während erstere äußer-logische Vorklärungen erfordert, erweckt Platon den irreführenden Eindruck, seine dialektisch-logische Methode könne zur Wahrheitsfindung beitragen. 52 Plat rep 519b ff.