Folia Theologica 15. (2004)

Helmuth Pree: Das Gewissen vor dem Forum des Kirchenrechts

DAS GEWISSEN VOR DEM FORUM DES KIRCHENRECHTS 101 oder entgegensteht, entscheidet die Angelegenheit endgültig und wirksam für den gesamten kirchlichen Rechtsbereich, nicht etwa nur für den inneren Bereich. So beseitigt der Straferlass im forum in­ternum die durch die Strafe bewirkte Rechtsbeschränkung wirklich vor Gott und der Kirche (vgl. cc. 508; 566 § 2; 976; 1357 § 1). Ledig­lich die Anerkennung der mit dieser Entscheidung verbundenen Rechtswirkungen ist im äußeren Bereich nicht möglich, weil und solange der Akt vor der Öffentlichkeit geheim bleibt.12 Rechtsnormen sind im forum externum im Zweifel so anzuwen­den, dass unter Beachtung der legitimen Geheimhaltungspflichten und unter Vermeidung von Ärgernis (scandalum) nach Möglichkeit jener Rechtszustand herbeigeführt wird, der sowohl dem Seelen­heil, den wahren Bedürfnissen und der Gewissenslage der Person wie auch den Erfordernissen der äußeren, öffentlichen Ordnung entspricht. Mögliche Konflikte der hier angesprochenen Art beste­hen nicht zwischen Gewissen und Recht oder zwischen Normen unterschiedlicher, voneinander getrennter Ebenen oder Rechtsord­nungen, sondern zwischen zwei Normen innerhalb derselben Rechtsordnung, deren eine geheim bleibt, während die andere öf­fentlich ist. So kann beispielsweise, wenn im forum internum ein be­stimmtes Verhalten (mit Wirksamkeit auch für das forum externum) erlaubt wird, dieses Verhalten in foro externo nicht in Anspruch ge­nommen werden (bzw. Gültigkeit beanspruchen), solange die im fo­rum internum erfolgte Gewährung geheim bleibt.13 12 So kann unter Umständen eine neuerliche öffentlich ergehende Entscheidung notwendig werden, um dem Akt die ihm zukommenden Rechtswirkungen auch im forum externum zu verschaffen. Während eine im forum internum sacramentale gewährte Gunst wegen des Beichtgeheimnisses unbeweisbar bleibt und daher stets einer neuerlichen, im forum externum erfolgenden Ge­währung bedarf, ist für Fälle einer im forum internum extrasacramentale ge­troffenen Verfügung eine Überführung in den äußeren Bereich möglich und bisweilen vorgesehen, wie namentlich in c. 1082 (nec alia dispensatio pro foro externo est necessaria).

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