Folia Theologica 14. (2003)

Pál Bolberitz: Providenz als Mitleid Gottes

PROVIDENZ ALS MITLEID GOTTES 7 der Seinsmangel, bezw. die Seinsunvollkommenheit innerhalb der verschiedenen Wirklichkeitsbereichen immer in einer anderen Qualität zum Vorschein kommt. Wir unterscheiden zwischen den Formen des physischen Bösen (Erdbeben, Sturm, Naturkatastro­phe), des biologischen Bösen (Seinskampf, Krankheit, Tod) und des geistlichen moralischen Übels(Irrtum, Sünde, Unglück). Das physische und biologische Böse sind kein Böses in absolu­tem Sinn, sondern nur ein relatives Böse, denn die Verwandlung und die Vergänglichkeit gehören zur Natur der materiellen Wesen­heiten. Gleichzeitig muss man auch vor Auge halten, dass das phy­sische und biologische Böse öfters im Dienste des grösseren Guten stehen. Oft dienen die als physisches Böses gehaltenen Naturer­scheinungen zu einem grösseren physischen Guten. Die Fäulnis be­reitet z. B. den fruchtbaren Boden für die neue Blüte vor. Der als biologisches Böses genommene Daseinskampf, der in der Welt der Tiere und vor allem der Triebe zur Geltung kommt, dient zur Ent­wicklung. Das physische und biologische Böse sind nicht nur zer­störende Kräfte, sondern sie können zugleich auch Träger der Dra­matik der Natur und dadurch ihrer besonderen Schönheit sein. Zwischen den Erscheinungen der Natur und den Leidenschaften der Seele kann eine geheime analoge Verwandschaft entdeckt wer­den, wodurch das geistliche Leben des Menschen reicher wird. Das physische und biologische Böse können öfters im Dienste morali­scher Werte stehen. Durch seine Dramatik kann es den Menschen sogar zur moralischen Reinigung führen. Wir sollen nun auf die moralischen Werte des Todes, des Leidens und der Krankheit den­ken. Somit versteht man, dass Gott das physische und biologische Böse - gerade um die moralischen Werte zu fördern - im Interesse des Menschen ausdrücklich wollen kann. Unsere Welt widerspricht nicht der geistlichen Wertfülle Gottes, sie bildet viel mehr den dra­matischen Hintergrund der Prüfung des kämpfenden Menschen. Das geistliche Übel wurzelt im Irrtum. Es ist wohlbekannt, dass die Menschheit die ideellen Folgen zahlreicher Irrtümer tragen muss. Wenn auch ein Irrtum in sich selbst harmlos zu sein scheint, kann er eigentlich gefährlich werden, wenn er sich ausbreitet und in Taten übergeht. Doch hat die Geistesverirrung auch einen positi­ven Sinn, denn sie führte einen öfters zur Erkennung der Wahrheit. Die theoretischen Verirrungen der Vorgänger dienen zur Lehre der

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