Folia Theologica 14. (2003)
Mihály Kránitz: Die Annäherung der Religionen aus Christlicher Sicht und der Pluralismus der Religionen
72 M. KRANITZ Die Enzyklika von Papst Paul VI. Ecclesiam suam (1964)22 erschien zwischen der zweiten un dritten Tagung des II. Vatikaner Konzils. Darin kommt zuerst der „Dialog" (colloquium im Original) gemäß dem Programm der vom Konzil gewünschten Konzeption. Der Papst setzt auseinander, dass die Geschichte des Heils die Geschichte des Dialogs zwischen Gott und der Menschheit ist und dass die Kirche die Aufgabe hat, diesen Dialog fortzusetzen. Die Kirche will jetzt einen Dialog mit der ganzen Welt entwickeln, und zwar ähnlich konzentrischen Kreisen auf vier Gebieten: Dialog mit der Welt, Dialog mit den Mitgliedern anderer Religionen, Dialog mit anderen Christen und schließlich will die Kirche mit sich selbst auch einen Dialog führen.23 Das grundlegende Dokument der Selbstbestimmung der Kirche war im II. Vatikanischen Konzil die dogmatische Konstitution Lumen Gentium. Die Kirche erklärt über die Beziehungen zwischen der Kirche und den nichtkatholischen Christen: „Diejenigen, die das Evangelium noch nicht angenommen haben, sind verschiedenartig dem Volk Gottes zugeordnet. Gott steht auch denen nicht fern, die den unbekannten Gott in Schatten und Bildern suchen, weil er allem das Leben, den Atem, und alles spendet, und als Heiland will er, dass jeder Mensch selig wird. Diejenigen nämlich, die das Evangelium Christi und seine Kirche ohne ihre eigene Schuld nicht kennen, aber Gott mit aufrichtigem Herzen suchen, und unter Einwirkung der Gnade seinen im Wort ihres Gewissens erkannten Willen erfüllen, können das ewige Heil erlangen. Die göttliche Vorsehung verweigert die nötige Hilfe auch denen nicht, die ohne ihren eigenen Fehler zur ausdrücklichen Kenntnis Gottes nicht gekommen sind, aber - nicht ohne Einwirkung der göttlichen Gnade - bestrebt sind ehrlich zu leben. Denn was es Gutes und Wahres bei ihnen gibt, wird von der Kirche als Vorbereitung zum Evangelium gewertet und für Gottes Gabe gehalten, der alle Menschen aufklärt, damit sie am Ende das Leben haben" (GS 16).24 22 AAS 56 (1964), 609-659. 23 Die ähnlichen vier konzentrischen Kreise des Dialogs erscheinen in der pas- tolralen Konstitution Gaudium et spes (GS 92), die bezüglich des Dialogs die Magna Charta des Konzils ist. 24 Lumen gentium 16, in A II. Vatikáni Zsinat tanítása, SZÍT, Budapest 1986, 52.