Folia Theologica 11. (2000)

Imre Koncsik: Ist Theologie überhaupt eine Wissenschaft? - Ein Dialog mit Gustav Siewerth

IST THEOLOGIE ÜBERHAUPT EINE WISSENSCHAFT? 69 eine Logik, eine Sprachanalytik, eine „reine” Ontologie reduziert wer­den. Sie muß jedes aktivierte Vermögen gemäß seiner analogen Stel­lung* in der Einheit der Wirklichkeit berücksichtigen89 90, also universal sein. Sie ergibt sich aus der Frage, in welcher Hinsicht sie die ganze Wirk­lichkeit - das ganze Sein- „totum, sed non totaliter”, also analog realisiert und wieviel Relationen ein Vermögen zur umgebenden Wirklichkeit aufbau­en kann, d.h. wieviel es von der Wirklichkeit durch seine eigene Selbstver­wirklichung erfaßt und wo ihre prinzipiellen Grenzen liegen. Folge: kein Vermögen darf überstrapaziert oder herausisoliert werden, d.h. es dürfen ihnen nur ihre eigenen Funktionen zugeschrieben werden. Das ist Folge der Forderung nach ihrer Wirklichkeitstreue bzw. -konformität gemäß dem o.g. Grundsatz ,Die Wirklichkeit setzt sich durch*. Die Vermögen müssen aus ihrer Einheit mit der Wirklichkeit begriffen werden. Wenn wissenschaftliche Erkenntnis einheitlich und ganz vorliegen soll, wird eine ontologische Voraussetzung der Bestimmung der Vermögen vorgenommen: die analoge Einheit „Mensch” weist selbst, d.h. als ganze eine analoge Einheit der Identität und Differenz auf zu: anderen Seienden und zum Schöpfer. Wäre das nicht so, dann wäre der Erkenntnisprozeß unterlaufen: jeder Mensch hätte jede Erkenntnis bereits, wenn er mit dem Erkannten nur identisch wäre (Re­duktion der Einheit auf Identität). Kein Mensch hätte irgendeine wirklichkeitsge­mäße Erkenntnis, wenn er vom Erkannten nur different wäre (Reduktion der Ein­heit auf Differenz). Mithin wäre nicht einmal die Differenz feststellbar, was zur vorausgesetzten Indifferenz führt (Reduktion der Einheit auf Indifferenz): keine Differenz kann ontologisch verabsolutiert werden, ohne daß hintergründig eine umfassendere Indifferenz vorausgesetzt wird911. Ebenso wird ontologisch eine analoge Einheit mit dem Schöpfer vorausgesetzt. Voraussetzung dafür ist die Existenz des Schöpfers. Ohne eine real existierende Meta-Einheit, die alle realisierten und realisierbaren Einheiten analog, universal und umfassend aus einer externen Position (Transzendenz) intern (Immanenz) er­möglicht, gäbe es keine Einheit wirklich, d.h. als Realität91. Denn: die Realität- das Sein- ist ontologisch ursprünglicher als die Einheit, wenn auch nicht ohne sie denkbar und erfaßbar. Sie ist der reale Grund jeder realisierten und erkenntnis­89 So ein Hauptanliegen von Siewerth’s Promotion (M). 90 Die Kette möglicher Verabsolutierungen reißt hier ab: die Indifferenz kann nicht verabsolutiert werden, weil sie auf sich selbst angewandt sich selbst widerspricht. Damit widerspricht sie der Forderung der Widerspruchslosig- keit, die auf der Forderung nach der Einheit der Wirklichkeit beruht: eine zu unrecht verabsolutierte Indifferenz ist ohne eine hintergründig antizipierte Einheit undenkbar. 91 Ders.: Analogie (1965), S. 82-83.

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