Folia Theologica 10. (1999)

Helmuth Pree: Grundfragen des Rechts und der Verwaltung kirchlichen Vermögens (II)

30 H. PREE rechtes Zusammenwirken (Vat II GS 76/3). Darüber hinaus wird die Kirche auf die Inanspruchnahme staatlicher Privilegien, Rechte und Förderungen dann verzichten, wenn dadurch die Lauterkeit ihres Zeug­nisses in Frage gestellt würde (Vat II GS 76/2).33 Dazu kommt, daß die Kirche kraft ihrer Sendung auf kein bestimmtes wirtschaftliches, soz­iales, rechtliches oder politisches System festgelegt ist, sondern dies­bezüglich offen für alle Menschen aller Zeiten und Kulturen ist und sein muß; ihr von Christus gesetztes Ziel gehört ja der religiösen Ordnung an (Vat II GS 42). Das traditionell beanspruchte Asylrecht an heiliger Stätte ist dem neuen Verständnis wenig angemessen; im Unterschied zu c. 1179 CIC/1917 enthält der nunmehrige c. 1213 kaum mehr einen Anklang daran: „Potestates suas et munera auctoritas ecclesiastica in locis sacris libere exercet" (c. 1213). Diese Formulierung, die das Asylrecht nicht mehr erwähnt, enthält nichts mehr von einer polemischen, auf Abgren­zung und Verteidigung gegenüber der zivilen Autorität ausgerichteten Lehre, sondern vindiziert das der Kirche unaufgebbar eigene Recht des Vollzuges geistlicher Funktionen an heiligen Orten.34 Deutlicher als im CIC/1917 legt das geltende kanonische Recht Wert auf Konformität mit dem Zivilrecht in vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Darüber hinaus erweisen sich Konkordate und konkordatsähnliche Vereinbarun­gen sowie die Kanonisation weltlicher Rechtsnormen (vgl. cc. 22; 1290) und andere Bedachtnahmen des Kirchenrechts auf das weltliche Recht35 als weithin taugliche Instrumente zur Gestaltung des Verhältnisses von Kirche und Staat auf dem Gebiet des Vermögensrechts. Eine für Kirche und Staat befriedigende Form der Zusammenarbeit und gegenseitigen rechtlichen Anerkennung auf Grundlage der Religionsfreiheit wird sich jeweils in dem Maße erreichen lassen und effektiv verwirklichen, in dem einerseits der Staat das kirchliche Selbstverständnis auch in seiner 33 Vgl. Paul MIKAT, Das Verhältnis von Kirche und Staat nach der Lehre der katholischen Kirche: Joseph LISTL - Dietrich PIRSON (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland I, Berlin 1994, 111-155, insbesondere 135-142; Joseph LISTL, § 111 Die Lehre der Kirche über das Verhältnis von Kirche und Staat: Joseph LISTL - Hubert MÜLLER - Heribert SCHMITZ (Hrsg.), Handbuch (Anm. 8) 1021-1036, 1032-1034. 34 Vgl. Adolfo LONGHITANO, Comentario exegético c. 1213 (III, 1811 f.). 35 Hans HEIMERL - Helmuth PREE, Handbuch (Anm. 22) 72 (Rdn. 1/86-90) und 295-300 (Rdn. 4/6-28).

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