Folia Theologica 10. (1999)

Helmuth Pree: Grundfragen des Rechts und der Verwaltung kirchlichen Vermögens (II)

18 H. PREE Bei vorübergehendem Ausfall des Vertretungs- oder Verwaltungsor­gans sind nach Gesetz oder Statut ersatzweise Organe vorgesehen (cc. 1279 §§ 1 und 2; 1480 § 2). In solchen Fällen ist das Subsidiärorgan aus­nahmsweise bevollmächtigt, anstelle des nachlässigen oder handlungsun­fähigen primären Organs Akte der Willensbildung zu setzen und die juristische Person nach außen zu vertreten. Diese Regelung ist eng zu in­terpretieren und darf sich nur auf einzelne Akte oder wenigstens auf eine kurz bemessene Zeit beschränken. Im Falle dauernder Nachlässigkeit oder Unfähigkeit des Verwalters/Vertreters muß der Ordinarius in Ausübung seines Aufsichtsrechts (mittelbare Vermögensverwaltung) durch Bestellung eines anderen Verwalters/Vertreters Vorsorge treffen. Feststellbarkeit der Vertretungsbefugnis'. Die gesetzliche Vertre­tungsbefugnis ist dem Gesetz zu entnehmen. Vertretungsbefugnis kraft Statuten sind diesen zu entnehmen. Dies setzt voraus, daß Statuten, wenn schon nicht promulgiert, so doch wenigstens in gehöriger Form kundge­macht und in Kraft gesetzt werden (auch wenn es darüber keine Vor­schrift im CIC gibt). Dieses Erfordernis erfließt aus dem Anliegen der Rechtssicherheit, da Statuten gerade im Falle der Vertretungsbefugnis auch Außenwirkung entfalten und daher zumindest dem Partner des Rechtsgeschäfts zugänglich sein müssen. Kirchenrechtliche Kriterien für das Vorliegen von Vertretungsbefug­nis sind insbesondere die folgenden: (1) Der Leiter einer juristischen Person ist in der Regel als befugter Verwalter anzusehen (vgl. c. 1279 § 1); (2) Beim Vermögensverwalter einer juristischen Person darf davon ausgegangen werden, daß er jedenfalls die Befugnis zur Setzung von Ak­ten der ordentlichen Verwaltung besitzt. Problematisch ist die Frage, inwieweit Vertretungsbefugnis weiter­gegeben werden kann. Für die Weitergabe von Vollmachten kennt das Kirchenrecht allgemein die Rechtsformen der Delegation und der Stellvertretung, wobei bei der letzteren unterschieden werden muß zwis­chen Stellvertretungsämtern und privatrechtlicher Beauftragung. Delega­tion ist im Kirchenrecht ausschließlich auf Fälle jurisdiktioneller Befugnisse (Hoheitsakte) beschränkt (vgl. cc. 131-144). Denn die Son­derfälle, in denen nichtjurisdiktionelle Befugnisse (z. B. die Trauungsas­sistenzvollmacht gemäß cc. 1111-1114) übertragen werden, bedurften

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