Folia Theologica 9. (1998)

Helmuth Pree: Grundfragen des Rechts und der Verwaltung - kirchlichen Vermögens

50 H. PREE anheimgestellt, da sie Ausdruck der Solidarität und christlichen Gemein­schaft, Liebesgabe und Verwirklichung von Diakonie waren: vgl. Apg 4,34 f.; Röm 15,26; Gal 2,10; 1 Kor 16,13; 2 Kor 8,4 ff. und 9,1. Erst in nachapostolischer Zeit setzte eine gewisse Institutionali­sierung des Umganges mit finanziellen Werten ein. Ein beredtes Zeugnis enthält zum Beispiel die Didaskalie (1. Hälfte 3. Jahrhundert) mit einge­henden Vorschriften für den Bischof als Vermögensverwalter. Allgemein­verbindliche kirchliche Rechtsvorschriften vermögensrechtlicher Art scheint es erst ab dem Ende des 4. Jahrhunderts gegeben zu haben. Daß die Kirche bereits in den ersten Jahrhunderten über Besitztümer verfügte, ergibt sich auch aus den Restitutionsedikten unter den Kaisern Gallienus (260) und Konstantin (313). Zuvor mußten als Rechtsträger gegenüber der zivilen Rechtsordnung collegia tenuiorum oder collegia fossorum oder ähnliche staatlich anerkannte Rechtsträger auftreten. Da­von abgesehen scheint bis etwa zum 5./6. Jahrhundert das ausschließli­che kirchliche Vermögenssubjekt die Bischofskirche (Diözese) gewesen zu sein, nicht etwa die “Gesamtkirche”. Das kirchliche Vermögen pflegte als patrimonium pauperum, egen­tium substantia, hereditas pauperum bezeichnet zu werden, wobei damit nicht so sehr der Rechtsträger, sondern die Zweckverwendung angespro­chen wurde. Der von Anfang an schwerpunktmäßig beachtete Zweck kirchlichen Vermögens, die Unterstützung der Armen, wird z.B. in c. 25 des Konzils von Antiochien (C 16,1,23) als Vollmacht des Bischofs fest­gehalten, die zeitlichen Güter der Kirche an die Bedürftigen zu verteilen. C. 26 des Konzils von Chalzedon (451) verlangte, daß in jeder Diözese ein eigener Vermögensverwalter eingesetzt würde. Das gesamte kirchliche Vermögen (der Diözese) bildete eine einheitliche Masse, zunächst auch dann noch, nachdem im 5. Jahrhundert durch die Päpste Simplizius (475) und Gelasius (494) die Vierteilung der Einkünfte der Kirche angeordnet worden war: Quarta pauperum, quarta Ecclesiae, quarta episcopi, quarta cleri (in Spanien kam es ausnahmsweise zu einer Dreiteilung: Bischof, Klerus, Kirche). Jedoch begann schon ab dem 6. Jahrhundert der Prozeß der Aufspal­tung des Kirchenvermögens auf eine Vielzahl von Rechtsträgern, die Sprengung der kirchlichen Vermögenseinheit und die Aufspaltung in kirchliches Sondergut. Die Begegnung der Kirche mit dem germanischen Rechtskreis war dabei von nachhaltigem Einfluß (vgl. z. B. das Eigen­kirchenwesen). Die Ausbildung kirchlicher Sondervermögensmassen als selbständige Rechtssubjekte, z. B. piae fundationes, beneficia, fabrica

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