Folia Theologica 9. (1998)

Karl-Josef Rauber: Mit der Kirche in die Zukunft unter der Führung des heiligen Geistes

MIT DER KIRCHE IN DIE ZUKUNFT 13 Gemeinschaft der an ihn Glaubenden und auf ihn Getauften gibt, und zwar als das konkrete, sakramental vorweggenommene Ziel aller Wege Gottes in seiner Schöpfung, darum gibt es auch die universale Weite an möglichen Heilswegen der Menschen zu Gott. Gleichsam wie die Ele­mente eines Magnetfeldes geraten diese Wege — angezogen durch die Liebe Christi, den Heiligen Geist — in Bewegung, erhalten eine gemein­same Richtung und finden ihr Ziel, die universal versöhnende Liebe Got­tes. In Christus konzentriert sich die ganze Fülle der heilenden Liebe Gottes und eröffnet darum zugleich einen universalen Möglichkeitsraum der ‘Teilhabe an ihr. Dies alles aber nicht in einem herrscherlichen Ab- solutsheitsanspruch, sondern in der demütigen Gebärde der Einladung, wie es der Liebe eigen ist. Die Kirche als der geheimnisvolle Leib eben dieses Christus, aber auch als “ecclesia semper reformanda” muß sich, in ihrer missionari­schen, ökumenischen und pastoralen Tätigkeit, immer mehr bewußt wer­den, daß sie diese demütige Einladung vollziehen und als universales Sakrament des Heiles die verschiedenen teils geschichtlich gewordenen, teils persönlich gewählten Wege des Heiles respektieren muß, um alle diese Wege in der Liebe des Geistes Christi zusammenzuführen, ohne dabei die institutionelle Integrierung dieser Wege als vorrangiges Ziel vor Augen zu haben. Unter diesem Aspekt ist es sicherlich auch not­wendig, die Kirchengliedschaft von neuem zu überdenken. Das Konzil hat auch in dieser Hinsicht bereits ein Zeichen gesetzt. Es konstatiert auf der sichtbaren, gesellschaftlich verfaßten Ebene eine gestufte Zuge­hörigkeit bzw. Zuordnung der einzelnen zur Kirche Jesu Christi. Als “voll eingegliedert” (plene incorporati) gelten die katholischen Gläu­bigen. Die Formulierung “plene” wird hier dem “reapse” (in Wirklich­keit) der Enzyklika “Mystici Corporis” Plus XII. vorgezogen, weil eben “reapse” nur die Alternative zwischen wirklicher und unwirklicher Gliedschaft kennt. Dagegen eröffnet das “plene” die Möglichkeit weite­rer Differenzierungen, innerhalb der einen Gliedschaft im Leibe Christi. Mit den getauften Christen in den anderen Kirchen, die nicht “den vollen Glauben” bekennen oder nicht die volle jurisdiktioneile Einheit: mit der vom Papst geleiteten katholischen Kirche pflegen, besteht nach dem Konzil in vielfacher Hinsicht eine “Verbindung” (coniunctio) oder “communio” innerhalb des Volkes Gottes: durch die Taufe, die Hl. Schrift, den Glauben an den dreifältigen Gott, die Feier der Sakramente, durch die Gemeinschaft im Gebet und im Hl. Geist. Darüber hinaus wird von den Nichtchristen eine jeweils verschiedene Weise der “Hinord-

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