Folia Theologica 9. (1998)

Karl-Josef Rauber: Mit der Kirche in die Zukunft unter der Führung des heiligen Geistes

12 K.-J. RÄUBER gewisse Verbindung mit der Glaubensgemeinschaft aufrechterhalten. Die zweite Erscheinungsform ist die “außerkirchliche Kirche”, Menschen, die zwar an Gott und Christus glauben und auch bestrebt sind, ihr Leben nach dem Evangelium auszurichten, sich jedoch ausdrücklich von jeder organisierten Kirche distanzieren: Christus ja, Kirche nein. Auch diese Gruppe nimmt zahlenmäßig zu. Die dritte Erscheinungsform ist die wachsende Konfrontation der Kirche mit Menschen, die an Gott glauben, sich aber nicht zum Christentum bekennen. Hierzu gehören vor allem auch die Anhänger der großen nichtchristlichen Weltreligionen vor allem östlichen Ursprungs, die auch im Westen immer bekannter werden. Daneben begegnet man Menschen, die religiös sind und sein wollen, ohne daß sie sich einer der bekannten Religionen anschließen. Sie fühlen sich nicht daheim in den institutioneilen Kirchen und Religionen mit deren Lehre, Theologie, Rituell und Organisation, die für ihr Empfinden allzusehr die Spuren einer vergangenen Zeit tragen. Das Zweite Vatikanische Konzil hat in der Konstitution “Lumen gen­tium” in positiver Weise die Beziehung dieser verschiedenen Gruppen zum Volk Gottes beschrieben (Kapitel 14 bis 16). Das Konzil bedient sich bei seinem Vermittlungsversuch des Modells der konzentrischen Kreise. Das heißt, daß die katholische Kirche gleichsam die Mitte der universalen Gemeinschaft im Glauben des Volkes Gottes bildet. Um sie herum liegen dann verschiedene Kreise, deren Nähe oder Ferne sich nach der Ausdrücklichkeit und strukturellen Vollständigkeit des jeweiligen Glaubens bemißt. Der konkrete Glaube der Kirche kann als Zielursache der auch außerhalb der institutionellen Kirche vorfindlichen und heilsbe­deutsamen Gottesbeziehungen angesehen werden. Der universale Heil­wille Gottes vermittelt sich zwar von der Schöpfung an in der gläubigen Wahrheitssuche vieler Menschen, in den religiösen Glaubensweisen der Völker und vor allem im Bundesglauben des alttestamentlichen Gottes­volkes; es gibt darum Heil von Gott her immer schon auch außerhalb von Christus und seiner Kirche, aber nicht ohne sie und unabhängig von ihnen. “Auf ihn hin ist alles geschaffen... Denn Gott wollte mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen, um durch ihn alles zu versöhnen (Kol 1,16 u. 19) Um dieses in Christus vorweggenommenen Zieles der universalen Versöhnung willen gibt es die grenzenlose Vielfalt aller anderen Weisen einer glaubenden und heilbringenden Gottesbegegnung in der Welt; von ihm her werden sie ermöglicht. Weil es den geschichtlichen Jesus Christus und seinen vom Heiligen Geist beseelten geheimnisvollen Leib, das heißt die von ihm gestiftete

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