Folia Theologica 9. (1998)
Karl-Josef Rauber: Mit der Kirche in die Zukunft unter der Führung des heiligen Geistes
MIT DER KIRCHE IN DIE ZUKUNFT 11 chie” beifügt, verstärkt noch die Tendenz das Amt von der “Welt” der Laien abzuheben und widerspricht den Grundaussagen des Alten und des Neuen Testamentes, die das Volk Gottes als ganzes “heilig” und “auserwählt” nennen. Diese Sichtweise wird vom 1. Petrusbrief hervorgehoben, wo es heißt: “...seid nicht Beherrscher euerer Gemeinde, sondern Vorbilder für die Herde...Begegnet einander in Demut”. Von daher gesehen und unter Berücksichtigung der vom Konzil herausgestellten “Communio” scheint es für die Zukunft der Kirche von Wichtigkeit zu sein, den vom Konzil eingeschlagenen Weg zu folgen und mit allen Kräften die grundlegende Gemeinsamkeit der Christen ins allgemeine Bewußtsein der Kirche zu heben und sie auch durch eine partnerschaftlich-kommunikative Praxis zu bestätigen. Eine Communio, die von der Liebe des Heiligen Geistes geeint wird, nivelliert eben gerade nicht die vielen möglichen Berufungen und Sendungen in der Kirche; vielmehr differenziert sie die allen gemeinsame Gabe des Geistes in die unendlich große Vielfalt persönlicher Begabungen zum Aufbau der Kirche. In dem Masse, wie das Amt sich demütig in das gemeinsame Christsein aller Gläubigen, eben in die Communio von Brüdern und Schwestern im Glauben einfügt, und nicht auf seine Sonderstellung pocht, sondern zu Dialog, gegenseitigem Vertrauen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit bereit ist, wird auch seine in der sakramentalen Weihe begründete Letztverantwortung im Bereich der Verkündigung, der Sakramentenspendung und der kirchlichen Einheit problemlos — ohne Autoritätskrise — von den nicht geweihten Christen anerkannt und mitgetragen. Alles andere birgt dagegen die Gefahr in sich, die alte, ressentimentgeladene Opposition zwischen “Amtskirche” bzw. Klerus und “Volkskirche” bzw. Laien zu verewigen, den Gemeinschaftscharakter der Kirche zu verdunkeln und der heute noch schwelenden Autoritätskrise Vorschub zu leisten. Damit haben wir aber auch schon den 3. Punkt: Die Randkirchlichkeit bzw. die Einheit der Kirche angesprochen. Hier muß wohl auf drei Erscheinungsformen verwiesen werden: Die erste bezieht sich auf eine starke Gruppe von Personen, die ihre Sonntags- und Osterpflicht nicht erfüllen — in Frankreich nennt man sie die “Vierradchristen” weil sie auf vier Rädern zur Taufe, Hochzeit und zum Begräbnis zur Kirche kommen — Ihre Zahl ist ständig im Wachsen begriffen. Ihnen Lauheit und Gleichgültigkeit vorzuwerfen, würde ihnen nicht gerecht, da sie oft für religiöse Fragen starkes Interesse bekunden und nicht selten in ihrem Leben mit dem Geist des Evangeliums ernst machen. Sie wollen eine