Folia Theologica 7. (1996)

Stanislav Zvolenský: Der "dolus" nach dem kanonischen Eherecht

96 S. ZVOLENSKŸ versteckter Mörder erst enttarnt wurde, nachdem er die Tochter seines Opfers geheiratet hatte45. Er meinte: „Wenn die Kirche einen Rechts­schutz gegen arglistige Täuschung gewähren wollte, so müßte sie schon einen anderen Weg dazu einschlagen; eben den, der bereits in c. 1083 § 246 47 48 vorgezeichnet ist. Sie müßte eine Nichtigkeitsklausel erlassen, daß bei arglistiger Täuschung eine gültige Ehe gar nicht zustande kommt."*1 Er legte einen konkreten Vorschlag vor: „Vorerst aber sei hier unterstellt, daß c. 1083 § 2 bestehen bleibt. Seine beiden bisherigen Punkte wären dann nur um einen dritten Punkt zu ergänzen. C. 1083 könnte dabei fol­gende Fassung erhalten: Error circa qualitatem personae, etsi det causam contractui, matrimo­nium irritat tantum: 1 Si error qualitatis redundet in errorem personae; 2 Si persona libera matrimonium contrahat cum persona quam libe­ram putat, cum contra sit serva, servitute proprie dicta; 3 Si quis graviter ac dolose de alterius partis qualitate magni mo­menti deceptus matrimonium ineat, quod re vere cognita non contrahe­45 FLATTEN H., Irrtum und Täuschung bei der Eheschließung nach kanonischem Recht, erschienen als Monographie: Paderborn 1957, zitiert aus: FLATTEN H., Gesammelte Schriften..., 123: „Ein westfalischer Großbauer war auf seinem Anwe­sen heimtükisch mit einer Hacke erschlagen worden. Alle Bemühungen, den Täter ausfindig zu machen, führten zuerst zu keinem Ergebnis. Doch nach mehr als neun Jahren verfing sich der Täter in zunächst unscheinbaren Indizien. Als Mörder wur­de der damalige Gutsverwalter des Großbauern entlarvt und zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Die Gerichtsverhandlung hatte es ans Licht gebracht, daß Habgier ihn getrieben hatte: Den Hofherrn wollte er beseitigen, um dann dessen Tochter, die Hoferbin, zu gewinnen und so in den Besitz des bedeutenden Anwe­sens zu gelangen. Noch ehe das Trauerjahr vorüber war, heiratete er die Tochter, die er gleichfalls mit List und Trug über seine Untat hinwegtäuschte. Neun Jahre hat die Frau ahnungslos in der Ehe gelebt, ohne zu wissen, daß sie an der Seite dessen ging, der ihren eigenen Vater ermordet hatte.” 46 Kanon 1083 § 2 CIC 1917: Error circa qualitatem personae, etsi det causam cont­ractui, matrimonium irritat tantum: 1 Si error qualitatis redundet in errorem personae; 2 Si persona libera matrimonium contrahat cum persona quam liberam putat, cum contra sit serva, servitute proprie dicta. 47 FLATTEN H., Gesammelte Schriften..., 270. 48 FLATTEN H., Gesammelte Schriften..., 282.

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