Folia Theologica 7. (1996)
Josef Ammer: Neues im neuen Papstwahlgesetz "Universi Dominici Gregis" - ein Kurzkommentar
226 J. AMMER des Kardinalskollegiums mit den übrigen Konklavisten über das weitere Vorgehen.15 Und auch hierbei wurde eine wichtige Änderung eingeführt. War früher notwendig, daß einer etwaigen Abweichung von der Wahlweise, d.h. durch Zweidrittelmehrheit plus einer Stimme, alle Kardinale ohne Ausnahme zustimmen mußten (RPE 76), so genügt nun, daß die Entscheidung mit einfacher Mehrheit getroffen wird (UDG 75, Abs. I).16 Bei den Möglichkeiten, für die die Kardinale sich dann entscheiden können, wurde selbstverständlich die Auftragswahl “per compromissum” gestrichen. Die zwei nach RPE 76 verbleibenden Weisen, nämlich entweder festzulegen, daß von nun an die einfache Mehrheit genügen soll, oder zu bestimmen, daß die Wahl zwischen jenen zwei Kandidaten erfolgen soll, die im unmittelbar vorausgehenden Wahlgang die meisten Stimmen erhielten, wurden in UDG 75 (Abs. 2) ebenfalls erheblich modifiziert: die erste Möglichkeit — Wahl mit einfacher Mehrheit der Stimmen — wurde übernommen, jedoch konsequenterweise ohne das Erfordernis von einer Stimme über diese Mehrheit hinaus; die zweite Möglichkeit besteht 15 Damit sind also bis zur Möglichkeit, von der in UDG 62 vorgeschriebenen Zweidrittelmehrheitswahl gemäß UDG 75 legitimerweise (vgl. UDG 76) abzuweichen, mindestens 21 Wahlgänge zuzüglich zu den acht oder neun an den ersten drei Tagen erfolgten Abstimmungen notwendig. Denn es wird am ersten der drei Tage, an dessen Nachmittag der Einzug in die Capella Sixtina (UDG 50; 51) erfolgt, höchstens mehr ein Wahlgang abgehalten (UDG 63); an den beiden folgenden Tagen sind jedoch vormittags und nachmittags je zwei Abstimmungen durchzuführen (ebd.), so daß bei erfolglosem Ausgang der Wahl an den ersten drei Tagen acht — wenn am ersten Tag nach den Wahlvorbereitungen (UDG 52-54) kein Wahlgang mehr folgte (UDG 54, letzter Absatz; 63) — oder bereits neun Wahlgänge stattfanden. Im Gegensatz zu RPE mit 22 oder 23 Wahlgängen, in denen auf jeden Fall Zweidrittelmehrheit (bzw. in RPE noch plus eine Stimme) erforderlich ist, sind nunmehr 29 oder 30 vorgeschrieben. Die Mitteilung von R. Metz, § 26 Der Papst, in: HdbKathKR, Regensburg 1983,252-266, hier: 265, daß bereits nach dreizehn Wahlgängen das Wahlkollegium die Mehrheitsvorschrift ändern dürfe, ist unrichtig. 16 Es fragt sich, ob durch diese Neufestlegung in UDG 75 nicht ein gewisser Widerspruch zu UDG 5 eingetreten ist, wonach bei Entscheidungen des Kardinalskollegiums es ausreichend ist, wenn die einfache Mehrheit der versammelten Kardinäle einer Meinung ist, jedoch "excepto ipso electionis actu". Diese Spannung bestand zwischen RPE 5 und RPE 76 ("nisi omnes Cardinales electores unanimiter, id est nullo excepto, de alia ratione consentiant") nicht.