Folia Theologica 6. (1995)

Bruno Primetshofer: Die Fähigkeit zum Ehekonsens nach Kanonischem Recht

6 B. PRIMETSHOFER bezeichnenden Lehre zufolge — die Bestimmungen über die eheverun- gültigende Wirkung des „metus gravis” (c. 1103; vgl.c. 1087 CIC/1917)3, die arglistige Täuschung (c. 1098) sowie die Beisetzung einer auf die Zukunft gerichteten Bedingung (conditio de futuro; c. 1102 § l)4. In allen diesen Fällen5, so wurde bemerkt, liege ein — soweit es auf das Naturrecht allein ankomme — gültiger Ehekonsens vor, der aber durch das positive Kirchenrecht (ius mere ecclesiasticum) als zur Begründung einer gültigen Ehe untauglich (iuridice inefficax) erklärt werde. Einen rein positivrechtlichen Charakter kann man (im Rahmen der angeführten Beispiele) allerdings nur dem Bedingungsverbot zuteilen, die anderen 3 Was die eheverungültigende Wirkung des „metus gravis" betrifft, so kann der früher behauptete rein positivrechtliche Charakter nach der Entschei­dung der PCI nicht mehr aufrechterhalten werden. Diese hat bekanntlich am 23. 5. 1987 (AAS 79 (1987), 1132) festgestellt, daß der Konsensmangel nach c. 1103 auch auf die Ehen von Nichtkatholiken anwendbar sei. Damit ist aber aufgrund von c. 11 implizit ausgesagt, daß die Rechtsfolge von metus gravis im Naturrecht gründet. Vgl. H. ZAPP, Das kanonische Ehe­recht, Freiburg/Br/l988, 172. — Navarrete hat in einem kritischen Kom­mentar zur genannten Entscheidung die Kompetenz der PCI in Frage ge­stellt, c. 1103 CIC/1983 als Norm des Naturrechts zu deklarieren. U. NA­VARRETE, Responsa Pontificiae Commissionis Codici luris Canonici authentice interpretando, in: PerMCL 73 (1988), 497-510. Die Kritik Navarretes wird mit Recht zurückgewiesen von L. G. WRENN, Urban Navarrete, S.J. and the Re­sponse of the Code Commission on Force and Fear, in: Jur 51 (1991), 130-137. 4 Vgl. dazu allerdings die weiterreichende Bestimmung von c. 826 CCEO, der die Beisetzung von Bedingungen schlechterdings untersagt und eine trotz des Verbotes geschlossene Ehe für nichtig erklärt. Dazu K. Th. GE­RINGER, Die bedingte Eheschließung im Recht der katholischen orientalischen Kirchen, in: AkKR 160 (1991), 68-83. 5 Abate fügt den angeführten Fällen einen vierten hinzu, bei dessen Vorlie­gen eheverungültigende Wirkung des — seiner Ansicht nach — gültigen Konsenses angeblich aufgrund des rein positiven Kirchenrechts eintrete, nämlich das Fehlen einer gültigen Vollmacht des Prokurators bei Ehe­schließung durch Stellvertretung (c. 1105), wenn der Mandant vor Abgabe der ehelichen Willenserklärung seitens des Prokurators geisteskrank ge­worden ist. — Dagegen ist zu bemerken, daß eine vom Mandanten erteilte Spezialvollmacht nur so lange Geltung haben kann, als dieser zurech­nungsfähig ist. Ist diese Zurechenbarkeit, wie im angenommenen Fall, nicht mehr gegeben, dann ist von einem nicht (mehr) existenten Ehekon­sens auszugehen. Die Nichtigkeit der Ehe ist in diesem Fall aufgrund des Naturrechts gegeben. A. ABATE, Il consenso matrimoniale nel nuovo Codice di diritto canonico, in: Apoll 59 (1986), 490.

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