Folia Theologica 6. (1995)
Bruno Primetshofer: Die Fähigkeit zum Ehekonsens nach Kanonischem Recht
DIE FÄHIGKEIT ZUM EHEKONSENS 25 Ehe nach sich und diese könne durch eine später erlangte Fähigkeit nicht einfach gültig werden64. Ebenso geteilt wie die Rechtsprechung ist auch die Lehre65. Der — wie schon erwähnt — häufig herangezogenen Parallele mit der physischen Impotenz (wenn für diese Unheilbarkeit gefordert werde, müsse sie auch für die sog. psychische Impotenz gelten) tritt u.a. Örsy mit folgendem Argument entgegen: Derjenige, der auch nur vorübergehend nicht in der Lage sei, die in c. 1095, 3 erwähnten Verpflichtungen zu erfüllen, könne nicht die Gesamtheit der ehelichen Rechte und Pflichten übertragen bzw. übernehmen. Eine solche Ehe müsse als nichtig betrachtet werden66. Nach Lüdicke könne die — von der CIC-Kommission vorgenommene — Einordnung der (von ihm so bezeichneten) Eheführungsunfähigkeit (c. 1095, 3) unter die Willensmängel geradezu als Beweis dafür angesehen werden, daß es im Gegensatz zur physischen Impotenz nicht auf die Dauerhaftigkeit und Unheilbarkeit ankomme, sondern daß, wie bei allen Willensmängeln, der Zeitpunkt der Eheschließung allein ausschlaggebend sei67. 64 Entscheidung der SRR vom 21. 3. 1991 coram Doran, in: MonEccl 116 (1991), 549 f. — Kurz zuvor hatte allerdings die SRR in einem Urteil vom 6. 6. 1990 coram Palestro noch die perpetuitas als relevantes Tatbestandsmerkmal gefordert. MonEccl, ebda, 372. 65 Die verschiedenen Meinungen der Autoren sind angeführt bei WEBER, Erfüllungsunvermögen (Anm. 44), 153-160; ABATE, Il consenso (Anm. 5) 458; MOLINA MELIÁ - OLMOS ORTEGA, Derecho matrimonial (Anm. 60), 193. 66 ÖRSY, Matrimonial Consent (Anm. 39), 43. 67 LÜDICKE, Münsterischer Kommentar, (Anm. 58) Rdz 16 zu c. 1095. — Vgl. MENDONÇA, Incapacity (Anm. 60), 308. PA VELLO hält als Ergebnis seiner Untersuchung über die verschiedenen Ursachen für die in c. 1095, 3 angeführten Tatbestände fest, daß nur für die Unfähigkeit, sich (aufgrund von impotentia coeundi) zur copula zu verpflichten, Dauerhaftigkeit erforderlich sei. Alle anderen in c. 1095, 3 angesprochenen Qualifikationsmerkmale seinen derart, daß Ungültigkeit der Ehe schon dann gegeben sei, wenn die entsprechende Unfähigkeit (insbesondere was die Ausschließlichkeit der ehelichen Beziehung und die Lebensgemeinschaft betreffe), im Augenblick der Konsensleistung vorhanden sei; die „perpetuitas" sei in diesen Fällen nicht gefordert. Damit wird aber für keine der von c. 1095, 3 erfaßten Tatbestände die perpetuitas verlangt. Daß sie für die von c.*1095, 3 gar nicht ins Auge gefaßte „impotentia coeundi" erforderlich ist, ergibt sich schon aus dem Wortlaut von c. 1084 § 1. P. PAVANELLO, Il requisito della perpetuià nell'incapacità di assumere le obbligazioni essenziali del matrimonio (Can. 1095, 3). Analecta Gregoriana, vol. 266. Series Facultatis luris Canonici: sectio B, n. 52. Roma 1994,171 f.