Folia Theologica 6. (1995)

Gyula Takács: Die existentiale Interpretation der Gleichnisse Jesu

120 GY. TAKÁCS Grosse, Isidor von Sevilla, Hugo von S. Viktor, Beda Venerabilis, Tho­mas von Aquino32 radikal gebrochen hat33. Hinsichtlich dieser “Ent-Allegorisierung” der Gleichnisse muß man ne­ben Adolf Jülicher auch den Namen von Bernhard Weiss erwähnen34. Zum Verständnis des durch Jülicher herbeigeführten Wandels muß man beachten, daß es einen Unterschied zwischen der ’allegorischen’ der ’al- legorisierenden’ Exegese gibt. Eine Allegorie soll als Allegorie interpre­tiert werden, d.h. eine Allegorie beansprucht eine ’allegorische’ Interpre­tation. Wenn aber eine Geschichte, die nicht allegorisch ist, trotz ihrer echten Natur als Allegorie behandelt wird, nennt man dies ’allegorisie- rende’ Interpretation oder Allegorese. “...ein Unterschied besteht zwischen der Allegorie selbst und der Darbietung einer allegorischen Auslegung einer Geschichte, die in sich selbst nicht allegorisch ist. Eine Geschichte, die selbst allegorisch ist, sollte auch allegorisch ausgelegt werden. Aber die Behandlung einer nicht-allego­rischen Geschichte, als ob sie allegorisch wäre, also ihre Allegorisierung, kann die Funktion und die Intention der Geschichte nur zunichte machen”35. Eben dies trifft nach der Meinung Adolf Jülicher auf die traditionelle Auslegung der Gleichnisse Jesu zu. Er behauptet, die allegorische Be­handlung der Gleichnisse sei nicht nur in diesem oder in jenem Fall, nicht nur wegen ihrer praktischen, konkreten Ergebnisse, sondern gene­rell falsch, weil die Gleichnisse absolut nichts mit einer Allegorie zu tun haben36. Adolf Jülicher kritisierte also die allegorisierende Exegese der Gleichnis­se nicht bloß hinsichtlich ihrer “rein exegetischen” Ergebnisse, nicht bloß praktisch, sondern auch theoretisch hinsichtlich der Methode der Auslegung selbst und begründete eine neue Auslegungstheorie, eine Me­thode, die dem Wesen und der Natur der Gleichnisse besser entsprechen würde. 32 L. ALGESI, Gesu e le sue parabole, Torini, 1964; M. F. WILLES, Early Exegesis of the Parables, in: Scottish Journal of Theology 11(1958), S. 287-301. 33 J. JEREMIAS, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen, 19708 S. 14. 34 B. WEISS, Das Markusevangelium und seine synoptischen Parallelen, Berlin, 1872. 35 D. O. VIA, Die Gleichnisse Jesu, München, 1970 S. 16. 36 C. H. DODD, The Parables of the Kingdom, London, 1965 S. 2f.

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