Folia Theologica 6. (1995)

Gyula Takács: Die existentiale Interpretation der Gleichnisse Jesu

DIE EXISTENTIALE INTERPRETATION 117 Die Anwendung der Ergebnisse und Methoden der modernen linguis- tisch-strukturalistischen und literaturkritischen Forschungen zur Bibel­exegese hat so große Bedeutung, daß Erhardt Güttgemanns von einer ne­uen Epoche der Bibelexegese hinsichtlich der Anwendung dieser Metho­den spricht. Er unterscheidet eine vorlinguistische Periode und eine lin­guistische Periode in der Geschichte der Auslegung der Bibel21. Der allgemeine Charakterzug dieser linguistischen und literaturkritischen Tendenzen im Vergleich zur historisch-kritischen und zur hermeneu- tisch-existentialen Methode besteht darin, daß sie den Text selbst in den Mittelpunkt ihres Interesses stellen. Die historisch-kritische Methode konzentriert sich auf die historischen Bedingungen, unter denen ein Text entstand, auf die Anlässe, die zu sei­ner Niederschrift führten. Die hermeneutisch-existentiale Methode lenkt das Augenmerk auf die hermeneutischen Bedingungen für das Verstehen des Textes. In beiden Fällen stehen die Adressaten des Textes im Vor­dergrund. Beide Methoden forschen nach dem Sinn, dem Inhalt dieses Textes — die eine erforscht seinen historischen Sinn, die andere seine existentielle Bedeutung. Im Gegensatz dazu konzentriert sich die linguistische-literaturkritische Methode auf die immanenten Interrelationen, die innerhalb des Textes selbst unter den Elementen des Phänomens ’Sprache’ bestehen, und die den gegebenen Text als ein von den Traditionen unabhängiges System und als einen immanenten Selbstzweck bestimmen. Die linguistisch-literaturkritische Methode erforscht nicht den Inhalt des Textes, sondern in erster Linie seine Form in linguistischer oder ästheti­scher Hinsicht. * * * II. Die Richtungen der modernen Gleichnisauslegung Die grundlegenden Typen der modernen Gleichnisauslegung lassen sich nach den skizzierten drei Methoden der modernen Exegese einteilen. Entsprechend der historisch-kritischen, der hermeutisch-existentialen und der linguistisch-literaturkritischen Methode finden wir auch auf dem Gebiet der modernen Gleichnisexegese drei Typen. Im folgenden geben 21 E. GÜTTGEMANNS, Studia linguistica neotestamentica, München, 1971. S. 100.

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