Folia Theologica 6. (1995)

Gyula Takács: Die existentiale Interpretation der Gleichnisse Jesu

114 GY. TAKÁCS vorausgehenden urkirchlichen Predigt noch nicht in dieser Fülle ausge­prägt war: sie vertreten die verschiedenen theologischen Konzeptionen ihrer Autoren. Die Gattungsgeschichte wirft neuerdings besonders hinsichtlich des Mar­kus- und des Johannesevangeliums die Frage auf, wie die Gattung “Evan­gelium” überhaupt zustande gekommen sei. Was war der ’Sitz’, das Mo­tiv der Entstehung dieser neuen Gattung nach dem paulinischen Korpus und nach der Logienquelle?12 Die Antwort der Gattungsgeschichte ist: Die Ursache liegt im theologi­schen Wesen der christlichen Botschaft selbst. Das Heil findet sich näm­lich gemäß dem christlichen Glauben ’extra nos’. Mit der paulinischen Briefgattung und mit der Gattung der Logiensammlung war die Gefahr gegeben, gnostischen Zügen Vorschub zu leisten. Deshalb war es nötig geworden, Evangelien zu schreiben, in denen die historischen Heilstaten Jesu im Vordergrund stehen. Vielleicht können wir den bevorzugten ’Sitz’ in diesem Fall im Glauben situieren. 2.) Die hermeneutisch-existentiale Methode Im Gegensatz zu der historisch-kritischen Forschungsmethode, deren In­teresse sich auf die Vergangenheit richtet, wendet sich das Programm der existentialen Interpretation an die aktuelle Gegenwart, an den Menschen als Individuum, der als produktiver Teilnehmer aufgefasst wird Das Programm der existentialen Interpretation der Bibel stützt sich auf die Ergebnisse der modernen Hermeneutik, deren Hauptvertreter Fried­rich Schleiermacher (1768-1834), Wilhelm Dilthey (1833-1911), Martin Heidegger (1889-) und Hans-Georg Gadamer (1900-) sind. Eine bedeut­same Wirkung hat die Existenzphänomenologie des “frühen” Heidegger bzw. die Sprachontologie des “späten” Heidegger auf bekannte Vertreter der existentialen Interpretation, wie Rudolf Bultmann einerseits und Ernst Fuchs und Gerhard Ebeling andererseits. 12 Zur ersten Fragestellung siehe: E. KÄSEMANN, Die Anfänge christlicher Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche, 57 (I960), S 162-185; DERS., Zum Thema der urchristlichen Apokalyptik, in: Zeitschrift für Theologie und Kir­che, 59 (1962), S. 257-284. Ferner: E. GÜTTGEMANNS, Offene Fragen zur Formgeschichte des Evangeliums, München, 1970. J. M. ROBINSON, E. KÖS­TER, Entwicklungslinien durch die Welt des frühen Christentums, Tübingen, 1971.

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