Folia Theologica 2. (1991)
Leo Scheffczyk: Das Petrusamt: Dienst an der Einheit in der Wahrheit
DAS PERTRUSAMT 9 „Felsencharakters” dieses Amtes anerkennen und seiner Aufgabe des „Fundamentierens”; denn der Fels erfüllt seine Funktion darin, daß er alle Teile und Glieder des Baues zusammenhält und mit dem letztlich tragenden Seinsgrund verbindet, mit Jesus Christus selbst. Die Einigungsaufgabe, die das Petrusamt vollführen soll und in der Geschichte auch vollführt hat, ist freilich keine rein formale und äußerliche, d. h. sie hat ihr Ziel nicht in der Erhaltung einer intakten Organisation und eines äußeren Baues. Auch die ökumenischen Einigungsbestrebungen können ja nicht so gedeutet werden, als ob es in ihnen um die Errichtung einer Superorganisation ginge, die durch Zusammenfassung aller Kräfte etwa der sozialen Aufgabe dienen und die Welt endgültig von der Bedeutung des Christentums überzeugen sollte. Eine solche „Superkirche” könnte weder ihre physischen Kräfte zusammenfassen noch der Welt ein Beispiel geben, wenn sie nicht zuvor von einer inneren Kraft erfüllt und durchdrungen wäre. Diese innerste Kraft aber ist der Geist und sein Leben, das sich in der Erkenntnis der Wahrheit vollzieht. 3. Der Zeuge der Wahrheit Seit je hat die Kirche im päpstlichen Amt auch die Fülle der Lehrvollmacht eingeschlossen gesehen. Auch diese Vollmacht dient der Einigung der Kirche und der Verbindung mit Jesus Christus, insofern er der Offenbarer und Lehrer der Wahrheit ist (vgl. Mt 23, 10). Durch sie wird die Einheit auf das tiefste geistige Fundament zurückgeführt, nämlich auf den Glauben als Anerkennung der Wahrheit Jesu Christi und als Bekenntnis zu ihr. Die Bezeugung der Wahrheit gehörte deshalb immer in hervorragender Weise zu der im Felsencharakter des Petrusamtes eingeschlossenen Aufgabe der Fundamentierung der Kirche auf dem von Christus selbst gelegten Grund (vgl. 1 Kor 3, 11). Auch dieser Aufgabe haben sich die römischen Bischöfe von Anbeginn verpflichtet gefühlt, wie ihre Interventionen in den Lehrstreitigkeiten beweisen, zu denen sie nicht selten von anderen Kirchen veranlaßt wurden. Sie leisteten damit im Sinne des Jesuswortes von der „Bestärkung der Brüder” (Lk 22, 32) ihren Dienst am Glauben durch die lebendige Verkündigung des Offenbarungswortes, durch seine getreue Bewahrung und zuverlässige Auslegung.