Folia Theologica et Canonica 10. 32/24 (2021)
Sacra theologia
DAS JUDENTUM UND DAS VOLK ISRAEL IN DER THEOLOGIE VON YVES CONGAR 31 ausgeht, dass das Christentum die Unterschiede aufhebt. Für seine Haltung sind Akzeptanz und Offenheit charakteristisch, inzwischen bewahrt er aber auch seine eigene Identiät. Der Ausgangspunkt der Vision von Congar ist das richtige Verständnis des Begriffs Tradition. Dieses Wort stammt vom griechischen Wort „paradidomi“, was auf Deutsch „übergeben“ bedeutet. Die Tradition als Übergabe ist also Kommunikation und eine besondere Methode der Offenbarung. Wenn wir das Prinzip der Tradition verstehen möchten, müssen wir von dieser Bedeutung ausgehen und verstehen, dass die Tradition nicht mit ihrem Gegenstand identisch ist, sondern sie ist der heilsgeschichtliche Weg der göttlichen (Selbst) mitteilung. Dass der Dominikanerautor die Heilsordnung und die Heilgeschichte betont, steht voll in Einklang mit der Sichtweise des Dei Verbum, das an die Offenbarung bereits in seinem ersten Punkt aus der Perspektive des Heils herangeht, und zwar auf eine dynamische Art und Weise und mithilfe des Wortschatzes der Johanneischen Theologie; auf diese Weise vermeidet es die frühere objektivierende Sichtweise.21 Im Zusammenhang mit dem Pluralismus äußern sich Fameree und Routhier folgenderweise: Im folgenden Text kann man den Werdegang Congars in Punkto Ökumene von Chretiens désunis (1937) bis Diversités et communion (1982) verfolgen. Von der Katholizität als „universalem Vermögen der Einheit“ ist er zum Begriff der Vielfalt oder des „Pluralismus“ als innerem Wert der Einheit gelangt. Die Vielfalt wird schließlich zu einer notwendigen Bereicherung der Einheit, wohingegen sie anfangs in Chretiens désunis noch eine provisorische und zweitrangige Realität der Einheit war.22 Nach der Einleitung wird ein anderes Werk von Congar zitiert: Im Gegensatz zu „Einheitlichkeit“ hat „Einheit“ einen positiven Sinn. Ebenso hat das Wort „Pluralismus“ einen positiven Wert und eine neue Nuance im Gegensatz zu „Pluralität. Pluralismus bedeutet Vielfalt in der Einheit und es ist ein Wert dieser Einheit selbst. Indem er eine Vielfalt ausdrückt, verweist „Pluralismus“ auf etwas Gemeinsames. Pluralismus ist weder Kakophonie noch reine Zerstreuung, sondern die Differenzierung von etwas Gemeinsamem. Fakt ist, dass es den Pluralismus in der frühen Kirche gab und dass es ihn in der heutigen Kirche gibt. Über diese Faktum braucht man sich nicht länger zu unterhalten. Es gibt in den Riten und Ausdrucksformen des Kultes, in den Theologien, in den Schulen der Spiritualität, in der Tradition und im Brauchtum, in den Organisationen jedes Landes und jedes soziokulturel-21 Congar, Y„ Az egyház elő hagyománya. Tanulmány a hagyomány teológiai fogalmáról (Rezension von Török, Cs.,), in Teológia 50 (2016) 119, in https://library.hungaricana.hu/hu/view/ PazmanyHTK_Teologia_2016/?query=congar&pg=l 19&layout=s (13.09.2019) [deutsche Übersetzung von mir], 22 Vgl. Fameree, J. - Routhier, G., Yves Congar, 313.