Folia Theologica et Canonica 7. 29/21 (2018)

Sacra theologia

DER DIALOG VON PHILOSOPHIE UND THEOLOGIE... 95 bendige Philosophie ausserhalb des Christentums lebt von einem theologischen Eros, und nur durch ihn hat sie auch die Kraft, zu bewegen, und andere in die gleiche suchende Haltung zum Letzten miteinzubeziehen.”31 Deswegen kann es ebenso wenig als der Einstellung des Philosophen fremd angesehen werden, wenn der Philosoph als Frucht leidenschaftlichen Denkens auf dem Weg der vernünftigen Suche der letzten Wahrheit an dem Punkt ankommt, wo er den Bereich des begrifflich zu ergreifenden Wissens überschreitet und den religiös­mythischer (siehe Platon) oder mystischer Wahrheit betritt. In diesem Fall ist nicht nur die vorgängige Arbeit an der Suche nach und dem begrifflichen Er­greifen der Wahrheit, aber auch der Akt der Überschreitung des begrifflich Ergreifbaren ein philosophischer Akt, der die Vernunft auf der Suche nach letz­ter Wahrheit zu letzter Stellungnahme herausfordert, ein philosophischer Akt, der zugleich religiöser Natur ist. In diesem Fall wird die philosophische und mystisch/religiöse Existenzweise gleichzeitig verwirklicht. Der Philosoph hört selbst nach der Überschreitung, die er als philosophischen Akt und zugleich als Gnadenereignis, den Weg mühseligen begrifflichen Denkens vor der Über­schreitung wiederum nicht als überflüssig erlebt, nicht auf. Philosoph zu sein. Dieses Beispiel aus dem Raum nicht-christlicher Philosophie hilft zur Einsicht, dass philosophischer und religiöser Akt im Leben des Philosophen als letztes Verhalten zur Letzten Wahrheit zugleich verwirklicht werden können und so etwas wie religiöse Philosophie möglich ist. Im Leben des christlichen Denkers - sei er Theologe oder Philosoph - ist es ähnlich, auch er verhält sich nämlich zur Letzten Wahrheit, sucht und interpretiert sie mit Leidenschaft: durch end­gültige Verpflichtung, Stellungnahme und Selbsthingabe. Für ihn ist aber die wahre Weisheit oder die Letzte Wahrheit nicht die absolute Wirklichkeit im Allgemeinen (Eines, Gutes, Gott), sondern der von Gott kommende Logos, Jesus Christus. In der Balthasarschen Schilderung der Entscheidung für die Er­kenntnis der Weisheit und der letzten Wahrheit: „Nun aber kann diese Ent­scheidung für den christlichen Denker nicht säuberlich trennbar sein von der anderen, totalen Entscheidung, deren Forderung als Leitmotiv durch das ganze Evangelium hindurchgeht: der Entscheidung zu Gott, die konkret heisst: Ent­scheidung zu Christus und zu seiner Kirche. Es gibt in einer Seele nicht Raum für zwei letzte Hinwendungen und Hingaben. Jene Liebe, die Plotin zur unend­lichen Schönheit des ’Einen' hinzieht und ihm dessen Erkenntnis ermöglicht, hat im christlichen Denker Augustinus keinen anderen Namen als Liebe zu Gott dem Dreieinigen. Aus dem gleichen Eros nähren sich in ihm die Philoso­phie und die Theologie.”32 Auf die berechtigte Frage, ob der Glaube an Christus und das Verständnis der theologischen Wahrheit Christi die leidenschaftliche Suche des christlichen Philosophen nach Wahrheit nicht auslöscht oder hemmt, 31 KathPhil 18. 32 KathPhil 17.

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