Folia Theologica et Canonica 4. 26/18 (2015)
SACRA THEOLOGIA - Hermann Stinglhammer, Die beste aller Welten? Kann man angesichts von Katastrophen noch an einen guten Schöpfer glauben? - Fundamentalteologische Erkundungen
88 HERMANN STINGLHAMMER Bezüge öffnen, die in der westlichen Tradition weithin ausgeblendet wurden. Ähnlich wird sich im 20. Jahrhundert Simone Weil äußern, selbst eine freiwillig Leidende in der Nachfolge dieses Gottes. Gerade so aber ist das radikale In-sein Gottes im Leiden freier Ausdruck seiner innertrinitarischen Mächtigkeit, in der Gott immer schon über jedes Leiden hinaus ist. VI. Das Leiden und der Gottesglaube: „Fragende und Gefragte zugleich“14 (Thomas Pröpper gest. 2015) Die Theodizeefrage kann in der laufenden Geschichte rational nicht eindeutig entschieden werden. Dies gehört zu den Grenzen jeder endlichen Vernunft, sowohl der philosophischen wie auch der gläubigen. Angesichts der Wirklichkeit des Leidens sind alle - Glaubende und Nichtglaubende - um dem kürzlich verstorbenen Münsteraner Dogmatiker Thomas Pröpper die Ehre zu geben: „Fragende und Gefragte zugleich“. Es geht darum, ob wir der Krudität des Leidens Letztgültigkeit zumessen oder im Blick auf Gott das Leiden als ein Vorletztes ertragen können und uns zugunsten des Lebens stark machen, weil der Schöpfer selbst sich zugunsten des Lebens bestimmt hat. Es gibt gute Gründe für diese Sicht. Die Welt so zu deuten, ist nicht unvernünftig. Und das ist gewiss nicht wenig. 14 Pröpper, Th., Fragende und Gefragte zugleich. Notizen zur Theodizee, in Pröpper, Th., Evangelium und freie Vernun ft. Konturen einer theologischen Hermeneutik, Freiburg 2001.266-275.