Folia Theologica et Canonica 4. 26/18 (2015)

SACRA THEOLOGIA - Hermann Stinglhammer, Die beste aller Welten? Kann man angesichts von Katastrophen noch an einen guten Schöpfer glauben? - Fundamentalteologische Erkundungen

84 HERMANN STINGLHAMMER vorfindbaren Welt als Wirkraum des Schöpferhandelns Gottes gerade auch in ihrer leiderzeugenden Realität. In dieser Hinsicht formuliert A. Peacocke die erkenntnistheoretische Grundlage dieser schöpfungstheologischen Positionen: „Der Christ, der die immanente schöpferische Aktivität Gottes im Kosmos be­tont. muss anerkennen, dass man davon heute auszugehen hat. dass Gott durch die .Gesetze* und Regelmäßigkeiten der Natur wirkt.“2 Zugleich bewegen sich alle Ansätze in der Hermeneutik der Leibnizschen besten aller Welten, also im Horizont der Teleologie. II. Natürliche Übel als Ermöglichung menschlicher Freiheit und Moralität: „free-will-defense“ und „soul-making“: R. Swinbourne und J. Hick Diese erste Gruppe argumentiert teleologisch entlang der Ermöglichung men­schlicher Freiheit. Sie arbeitet mit zwei Argumenten. Das erste ist die natur­gesetzliche Regelmäßigkeit der Welt, die allein sittlich relevantes Handeln ermöglicht, insofern Moralität ohne Regularität nicht möglich ist. Zu dieser Regularität zählt nach Swinburne3 auch die Dimension des malum physicum, weil sittlich gutes Handeln natürliche Übel voraussetzt. Mit Swinburne: „nur weil der Mensch sterben kann, kann ich ihn töten, aber ihm auch zum Leben verhelfen.“ In großer Nähe zu Swinburne formulieren Autoren, wie der pluralistische Religionstheologe John Hick, natürliche Übel seien notwendig, sofern sie der Ausbildung menschlicher Reife und Personalität dienen: „The development of human personality - moral, spiritual, and intellectual - is a product of challenge and response“4. Eine andere Richtung, schlägt Hick ein, wenn er darauf verweist, dass die real leidvolle Welt dazu dient, den Menschen in jener kreatürlichen Distanz zu halten, aus der heraus für ihn erst ein echter Freiheitsentscheid für oder gegen Gott möglich wird. Denn, so Hick, in einer nicht ambivalenten Welt würde sich die Wirklichkeit Gottes dem Menschen geradezu aufdrängen. Damit aber wäre die menschliche Entscheidungsfreiheit stillgelegt. Es lassen sich nun verschiedene Einwände geltend machen. Um mit der letzten These zu beginnen - Leid als Integral eines freiheitlichen Glaubensentscheides: Auch eine leidneutrale Welt wäre in ihrer Endlichkeit 2 Zitiert nach Kreiner, A., Gott im Leid. Zur Stichhaltigkeit der Theodizee-Argumente, Freiburg 1997 (QD 168), 321. Das Buch bietet ein exzellentes Literaturverzeichnis. 3 Vgl. dazu Natural Evil, in American Quarterly 15 (1978) 295-301. 4 Siehe Hick, J., An Irenaen Theodizy, in Davis, S. T. (ed.), Encountering Evil, 39-52, hier 46. Hick, J., Evil and the God of Love, London 1985.

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