Folia Theologica et Canonica 4. 26/18 (2015)

SACRA THEOLOGIA - Hans Mendl, Wenn der Tod einbricht (...) Kinder, Gott und das Leid

56 HANS MENDL auch kritische Anfragen an die in diesen Stellen wahrgenommenen Gottesbil­der evozieren.33 Gerade die Didaktik der Frage hegt den Zweifel angesichts des Nicht-Erklärbaren; nicht das Vorgeben von Antworten, sondern ein Ringen um individuell betreffende Wahrheiten im Sinne einer Didaktik des umkreisenden Verstehens ist das Ziel! Wenn sich Erzieher, Eltern und Lehrer ernsthaft auf solche Prozesse eines Deutens einlassen, wird die Radikalität der Theodizee­frage von selbst aufbrechen! Freilich klingen die Antworten und Deutungen von Kindern in den Ohren von Erwachsenen häufig etwas eigenartig und über­raschend; um die Aussagen von Kindern richtig und vor allem auch wertschä­tzend zu verstehen, brauchen Erwachsene gründliche Einblicke in religions­psychologischen Entwicklungstheorien und besonders ein Wissen um kindliche Todeskonzepte.34 3. Den Tod in der Schule und im Kirchenjahr thematisieren Das Kirchenjahr, der Lehrplan, aber auch der Alltag der Kinder bieten genügend Anlässe zu einer Thematisierung der Leidfrage!35 Ein erster Lemort, an dem sich die individuelle Familiengeschichte und die Solidarität einer christlichen Gemeinde miteinander treffend verbinden lassen, ist der Friedhof. Hier können Kinder den Reichtum christlicher Trauersymbo­lik erschließen, anderen teilhaben lassen an der eigenen Familiengeschichte, wenn sie von verstorbenen Verwandten erzählen, und gleichzeitig erkennen, wie wichtig die stützende Kraft christlichen Glaubens im Leid sein kann. Eine weitere Bezugsdimension, mit der auch unabhängig von einer konkre­ten Leiderfahrung der Tod thematisiert werden kann, ist die sensible Wahr­nehmung und Deutung des Kirchenjahrs: Hier können immer wieder unter den Vorzeichen eines korrelativen Konzepts religiösen Lernens die Schattenseiten des Lebens und die Herausforderung durch Tod und Sterben angegangen wer­den, so z.B. angebunden an das Kar- und Ostergeschehen, an den „Toten­monat“ um Allerseelen und Allerheiligen oder um Volkstrauertag und Buß- und Bettag herum. Auch ein Lernen an den fremden Biografien der Heiligen, 33 Vgl. Fricke, M., „Schwierige“ Bibeltexte im Religionsunterricht. Theoretische und empirische Elemente einer alttestamentlichen Bibeldidaktik für die Primarstufe, Göttingen 2005. 34 Vgl. Brocher, T., Wenn Kinder trauern. Wie sprechen wir über den Tod?, Essen 1989. Plieth, M., Kind und Tod. Zum Umgang mit kindlichen Schreckensvorstelllungen und Hoffnungsbil­dern, Neukirchen-Vluyn 2. A. 2002. Ritter, W.H. - Hanisch, H. - Nestler, E. - Gramzow, Ch„ Leid und Gott. Aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen, Göttingen 2006. 35 Kätsch, H-M. - Klie, Th., Todes Zeichen. Grabmale in semiotischer und religionspädagogi­scher Perspektive, Loccum 1998. Macht, S. (Hrsg.), Sterben, Tod und Auferstehung, Loccum 1999. Verweyen-Hackmann, E. - Weber, B., Ein guter Gott, der leiden lässt? Materialien zur Bearbeitung der Theodizeefrage im Religionsunterricht, Kevelaer 2004.

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