Folia Theologica et Canonica 4. 26/18 (2015)

SACRA THEOLOGIA - Mihály Kránitz, Das Evangelium der Vielfalt der Kulturenzukommen lassen

16 MIHÁLY KRANITZ keit wieder geschaffen, die die Selbstidentifizierung der Europa bildenden Völ­ker zu erhalten vermögen. Mit dem Bau der neoromanischen und neogotischen Kirchen war noch die christliche Kultur erschienen, aber die Modernität brach­te auch die kirchliche Kunst in die Richtung des Praktikums. Die Kultur ist mit der Entwicklung von jeder einzelnen Menschen verbun­den. Aber diese Entwicklung entartet - stellt Papst Benedikt XVI. klar -, wenn sie den Ansprach hebt, zu ihrem eigenen, einzigen und ausschliesslichen Her­vorbringer zu sein und unternimmt, sich der Wunder der Technik bedienend sich wiederzuerschaffen. Der Mensch von heute ist der Finanzwelt äußerst aus­geliefert, die bloss ein konsumorientiertes Wachstum unterstützt.18 IV. Die Zukunft ist immer eine Möglichkeit für die Erneuerung der Kultur Oft kommt es so vor, als ob die Kirche und die Welt auf den Gebieten der Kul­tur auch noch heute die Schlacht des Geistes kämpfen würden.19 Nur der Dialog kann der Weg der Zukunft sein, denn das Ziel des Menschen und der Mensch­heit ist seit seinem irdischen Leben nur die Erhöhung. Das Verlangen nach dem Guten und Schönen bemühte sich immer, die schwache physische Natur zu übersteigen. Auch die sieben Wunder der Welt sind so entstanden, und da der Mensch nicht nur ein Triebmensch ist, ist er imstande, das in ihm verborgene Göttliche auszudrücken. Gerade bei der 100. Jahreswende des Geburtstags des römischen katholischen Priesters Gábor Ervin (1912-1944) können wir uns an seine Gestalt erinnern, der mit seinem im Jahre 1943 erschienenen Werk Kultur und Menschheit die Erkenntnis der irdischen Sendung des Menschen und deren Erfüllung klarstellt.20 Die kulturelle Äußerung bringt eine noch größere Kraft, der alles schöpfende Gott (Creator) aus dem denkenden (homo problematicus) und schaffenden (homo faber) Menschen heraus. So ist jedes schöne Werk ein gemeinsames Schaffen, und falls das der Mensch erkennt, kann er - neben der Benutzung der die alltäglichen Lebensbedingungen erleichtenden modernen, heute bereit un­entbehrlichen Mittel - die seine Umgebung, sein Leben und auch seine Zukunft bestimmende Kultur wieder ausgestalten, deren Grundlage der Glaube an Gott 18 Vgl. Benedictes XVI, Enc. Caritas in ventate, 68. 19 Vgl. Rémond, R.. Religion et société en Europe. La sécularisation aux XIXe et XXe siècles, Paris 1998 (IV: Le second âge de la sécularisation, 207-292.) 20 Vgl. Ervin, G.. Kultúra és emberiség [Kultur und Menschheit], Budapest 1943. Auf den Blät­tern der Zeitschrift Jelenkor [Gegenwart] fasst er seine Auffassung so zusammen: Mensch zu sein ist ein gemeinsames Schicksal, eine gemeinsame Wirklichkeit, die Teilnahme an einer gro­ßen Einheit, die Mitgliedschaft einer großen Familie (...) Der Mensch ist ein Mikrokosmos, ein kleines Universum, das in der Entstehung ist.”

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