Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Attila Puskás, Traditionsauslegung am Konzil von Trient

92 ATTILA PUSKÁS weislich nicht die Bestimmung des Verhältnisses der Traditionen zur Schrift, vielmehr ihren Quellenwert bezüglich des Glaubens und der Lebensregel zur Absicht hatte. Also lesen, die behaupten, das Konzil habe über den inhaltlichen Ergänzungscharakter der Traditionen in Bezug auf die Schrift beschlossen, in das Dekret zu viel hinein.40 Auch B. Sesboüé anerkennt die prinzipielle Möglichkeit der beiden Interpretationen und betont, dass die bedeutenden Theologen von Trient (Seripando, Lunello, Lejay) die Auffassung des Modali­tätsunterschieds der kanonischen Schriften und der Traditionen teilten. Dem­nach sind die Traditionen Interpretationen der Heiligen Schrift, bzw. des Evangeliums. Sowohl die Schriften, wie die apostolischen Traditionen vermit­teln uns die Vollständigkeit des Glaubens, nur auf zwei verschiedenen Weisen. Somit können wir sagen, dass die Heilige Schrift jede Offenbarungswahrheit beinhaltet, deren lebendige und gemeinschaftliche Interpretation in den Tradi­tionen zu finden ist.41 Dieser Ansicht ist auch Y. Congar und meint, Geisel­manns Forschungen unterstützen seinen Standpunkt.42 Der hervorragende fran­zösische Theologe sieht das Wirken des Heiligen Geistes darin, dass der Text des Dekrets nicht über zwei Quellen, sondern zwei Vermittlungsmodi der einen Quelle des Evangeliums spricht.43 Congar hebt hervor, dass die mündlichen oder nicht geschriebenen Traditionen bei den Kirchenvätern nie irgendwelche Glaubensartikel bedeuten, die eine von der Lehre der Heiligen Schrift verschie­dene Glaubenswahrheit beinhalten. Diese Traditionen beziehen sich ihrem Inhalt nach auf die Praxis der Liturgie, des Kultes, des christlichen Lebens und der Erziehung und knüpfen auf irgendeiner Weise immer an die Offenbarung der Heiligen Schrift an (Vierzig Tage Fasten vor Ostern, Kreuzzeichen, die Weise, Taufe und Eucharistie zu feiern, Epiklese usw.). Natürlich haben diese Praxen ihre Begründung, Inhalt und Folgen im Glauben, so des Glaubensbe­kenntnisses bei der Taufe, der Kindertaufe, des Gebets für die Verstorbenen oder der Aufnahme ehemaliger Ketzer in die Kirche. Diese Traditionen bedeuten aber nicht so sehr eine Glaubenslehre, vielmehr sind sie praktische Anleitungen anlässlich von Lehrstreiten oder Katechesen, keine mündlichen heimlichen Glaubenswahrheiten, sondern Interpretationen des Evangeliums, der inneren Öffentlichkeit der Kirche bekannt, die ihre Objektivation und Institutionalisierung in den Normen kirchlichen Lebens fanden.44 Diese Fest­stellungen gelten auch für die Traditionsauffassung des Tridentinums. Die er­wähnten Traditionsbeispiele aus Diskussionen und Dokumenten des Konzils 40 Beumer, J., Die mündliche Überlieferung als Glaubensquelle, 81-82, 84. 41 Sesboüé, B. - Theobald, Ch., Storia dei dogmi, IV: La parola della salvezza XVI-XX secolo, 130-131. 42 Congar, Y., Tradition und Kirche, Aschaffenburg 1964. 42. 43 Congar, Y., Die Tradition und die Traditionen, I. 204. 44 Congar, Y., Tradition und Kirche, 38-39.

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