Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)
SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet
67 ERWÄGUNGEN ÜBER DIE STRAFE, MIT BESONDERER HINSICHT... ren) Sünde. Die Hauptaufgabe des Machtsorgans der Gesellschaft besteht in der Ausbauung und Aufrechterhaltung des Allgemeingutes und der gerechten Verhältnisse, und wer das schwer und auf eine aus menschlichem Gesichtspunkt berechenbare und irreversible Weise habituell verletzen will, hat keinen Platz in der Gesellschaft. Zur Beurteilung dessen ist das zu diesem Zweck entstände Machtsorgan bevollmächtigt. 6) Das aus der Geschichte genommene Argument als eine universelle Erfahrung der Menschheit, die oben kurz schon erörtert worden ist. Hier wird nur wiederholt erinnert, dass sich der gesunde Menschenverstand in einer so wichtigen Sache vielleicht nicht irrt. Natürlich, wenn wir denken, dass der Fortschritt auch bei moralisch-rechtlichen Fragen mit unbezweifelbarer Notwendigkeit vorstößt, also dass in der neuesten Zeit wirklich eine neue und endgültige Epoche der Menschheit begonnen hat, wird sich dann darum auch die Kraft des geschichtlichen Arguments relativisieren. Wenn wir die Argumente für die Rechtmäßigkeit beziehungsweise fürs Erlaubt sein der Todesstrafe überblicken, können wir sehen, dass sie eine mehr oder weniger starke Beweiskraft besitzen, und versuchen, alle Ziele der Strafen zu verwirklichen: die Zurückschreckung, Besserung, Wiedergutmachung der Gerechtigkeit und die Bestrafung. Am stärksten ist unter ihnen das Argument für den Schutz der Ordnung der Gesellschaft und von den Unschuldigen.87 Wir betrachten die obigen Argumente gemeinsam und einander stärkend auf jeden Fall als genügend, damit sie das Erlaubt sein der Todesstrafe auf erforderliche Weise begründen. Es handelt sich um Erlaubt sein und nicht um Verpflichtung. Das bedeutet auch, dass die Einführung oder Abschaffung der Todesstrafe von der Erwägung der legitimen Macht abhängt. Und soviel ist die Rolle der Rechtsphilosophie und der Rechtswissenschaft in dieser Frage, denn über die tatsächliche Einführung und richterliche Rechtspraxis wird im allgemeinen immer von den politischen und wirtschaftlichen Kräften entschieden, die an der Macht sind. Eine andere, und zwar eine politische Erwägung verlangt die tatsächliche Einführung der Todesstrafe, das heißt ihre Durchsetzung oder Aufhebung in einem gesellschaftlichen und geschichtlichen Kontext. b) Argumente gegen die Todesstrafe Die Verfasser zählen hier im allgemeinen hauptsächlich die folgenden Argumente auf:88 1) Keiner darf über das Leben eines anderen Menschen verfügen. Als Grundprinzip soll das angenommen, jedoch mit einer Ausnahme, denn sonst liefern wir der Willkür und Brutalität der Verbrecher das Leben den Unschuldigen. Dieses Prinzip ist also so neu abzufassen dass kein unschuldiges 87 Vgl. GUZZETTI, G. B., Morale individuale, 143. 88 Vgl. Tamanti, R., La pena di morte, 22-63; und Weber, H., Specialis erkölcsteológia, 198-199.