Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet

68 GÉZA KUMINETZ Leben ausgelöscht werden darf.89 Die obige These wirft auch die Frage der Verfügung über unser eigenes Leben auf, und die richtige Konklusion besteht darin, dass wir nicht einmal über das eigene Leben verfügen können und dür­fen, ohne es von uns selbst ohne Sünde und Sühne wegwerfen zu können. Bei diesem ersten Argument formuliert sich das Prinzip des Schutzes des Lebens, das einen wirksamen Schutz verlangt. Zur gleichen Zeit müssen wir bemerken, dass „das höchste Gut nicht das Leben aber das größte Böse die Sünde ist. Jedoch gilt das Leben unter den Gütern der materiellen Ordnung als erstes, was eine Grundlage und Voraussetzung für die anderen ist. Deshalb ist nach der Sünde der Tod das größte Böse, wovor der Mensch am meisten Angst hat”.90 Das menschliche Leben kann nicht ohne jede Beschränkung Selbstziel genannt werden, denn, obwohl der Mensch „kein reines Mittel für die menschliche Gesellschaft ist, ist er jedoch deren Mitglied, und sein provisorisches Privatgut wird dem Allgemeingut der Gesellschaft unterworfen. Falls also das Allge­meingut aus dem eigenen Fehler des Menschen nicht mehr vereinbart werden kann, hat die Gesellschaft das Recht, diesen Menschen loszuwerden. (...) Die menschliche Würde ist unverletzbar und unantastbar, solange die Person sie in sich selbst hütet. Wenn jedoch der Mensch ihre eigene Menschenwürde nicht schätzend die blinden Leidenschaften zur Herrschaft gelangen lässt, wenn er die Rechtsordnung mit Füssen tritt und den Frieden und Sicherheit der Mit­bürger gefährdet, hat die Gesellschaft das Recht, den Missetäter mit Zwang unter die Rechtsordnung zu treiben und ihn nötigenfalls als ein gemeinge­fährliches Mitglied auszuschliessen”.91 Der Täter, der das schwere Verbrechen auf anrechnungsfähige Weise begangen hatte, bewies eigentlich durch seine Tat, dass er in der Gesellschaft nicht leben und sich dorthin nicht einfügen will. 2) Die Todesstrafe lässt dem Schuldigen keine Zeit mehr, sich zu verbessern und zu bekehren (die Heilsfunktion ist nicht wirksam): Wenn die Todesstrafe wirklich die vollkommene physische und moralische Vernichtung des Men­schen ist, bedeutet dieser unehrliche Tod die Trostlosigkeit, Hoffnungslosig­keit und die größte Grausamkeit, darum ist sie auch die schwerste Strafe und Sünde. Diese Strafe nimmt einem bezüglich der Zukunft diese Möglichkeiten (Verbesserung) tatsächlich weg, daraus folgt jedoch nicht, dass sie die ernste Absicht der Besserung und Bekehrung nicht zur Folge haben könnte.92 Die Gefängniserfahrungen zeugen davon, dass „der auf der Schwelle stehende Tod einen mehr zur Reue und Bekehrung veranlasst als die Aussicht auf eine 89 Wie das auch die katholische Darlegung des fünften Gebots der Zehn Gebote zeigt. Das bedeu­tet nämlich das Verbot der Wegnahme des unschuldigen Lebens. Es wäre richtiger gewesen, das Gebot „Du sollst nicht töten” so zu übersetzen: Du sollst nicht morden (das heisst du sollst dem Leben deines Mitmenschen aus Wohllust, Rache oder Vermögensvorteil nicht nehmen). 90 Vgl. Cathrein, V., Erkölcsbölcselet, II. 631. 91 Vgl. Cathrein, V., Erkölcsbölcselet, II. 634—635. 92 Vgl. Eder, L., A halálbüntetés története és ethikai bírálata, 85.

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