Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)
SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet
ERWÄGUNGEN ÜBER DIE STRAFE, MIT BESONDERER HINSICHT... 65 gend, dass er sich in diese kosmische Ordnung nicht einfügen will. Das kann nicht angenommen werden, da die Unrechtmäßigkeit ein offener Angriff gegen die Ordnung der Gerechtigkeit, gegen das Allgemeingut und die öffentliche Moral ist. Deshalb gilt die Art und Weise der Wiederherstellung der Ordnung als Vergeltung im Namen der Gerechtigkeit, weil die Sünde Sühne verdient. Die Unrechtmäßigkeit kann natürlich niemals vollkommen ausgeglichen werden, weil das Verbrechen nicht ungeschehen gemacht werden kann, aber die aus ihm entstandene Beleidigung kann jedoch durch eine entsprechende Genugtuung geheilt werden. Dieses Argument zeigt, dass, wenn wir die Verantwortung für unsere Verbrechen auch nicht übernehmen, erträgt die Gesellschaft dieses Verhalten im Namen des Allgemeingutes und der öffentlichen Sittlichkeit nicht geduldig, also sie reagiert entsprechend und mit Recht. 3) Der Gesichtspunkt der endgültigen Verspielung des Rechtes auf das Leben: Der Missetäter hat sich selbst mit seiner Tat aus der Gemeinschaft der Lebenden geschlossen, und das wird durch die Hinrichtung ausgeübt. Dieses Argument setzt voraus, das die menschliche Würde nicht bloß eine sich auf unser physisches Dasein beziehende Kategorie ist, sondern sie drückt viel mehr unseren moralischen Zustand aus, der endgültig verloren gehen kann, und dessen Folge ist sozusagen das Wegnehmen des Lebens als einer weiteren wertverwirklichenden Möglichkeit ist. Falls das Leben des Menschen auf der Welt wirklich begrenzt ist, ist das dann die möglichst schwerste Strafe, denn sie setzt voraus, dass mit einem solchen Tode die Möglichkeit jeder Verbesserung aufhört. Obwohl es nicht zu verleugnen ist, dass das Zeichen der Besserung nicht nur darin besteht, dass man die Gelegenheit haben wird, sich tatsächlich zu bessern, sondern sie kann sich auch in der ernsten Absicht erweisen, was zum Gesichtspunkt des vorigen Arguments zurückführt. Dieses Argument zeigt, dass das menschliche Leben kein absoluter Wert sondern ein Grundwert ist, und diejenigen, die nicht in den Dienst der absoluten Werte sondern mit vollem Bewusstsein und bedachter Zustimmung in den Dienst der Sünden eintreten, können das Recht auf Leben verlieren. 4) Der Gesichtspunkt der Abschreckung richtiger gesagt der Vorbeugung (praeventio): Falls das Gesetz dem Täter eines bestimmten Verbrechens mit Todesstrafe droht, erweist sich diese Drohung für den potentiellen Täter als eine zurückhaltende Kraft (praeventio specialis), beziehungsweise hält die ausgeübte Strafe andere Menschen zurück, weil die durchs Gesetz in Aussicht stellende Drohung von der zuständigen Behörde erfüllt worden ist (praeventio generalis). Ein jeder hat vor dem Tod Angst; wer jemand nicht so tut, ist entweder kein normaler Mensch oder ein Schauspieler. Diese Drohung enthält in sich die größte zurückhaltende Kraft, vor allem wenn sie die Kenntnis hat, dass die Todesstrafe auch bemessen wird. Wenn wir die Verhältnisse von heute betrachten, sollen wir zugeben, dass die Todesstrafe keine große zurückhaltende Kraft hat, weil sie von den heutigen Gesetzbüchern im allgemeinen nur auf qualifizierte Morde auferlegt wird. Die Mehrzahl der