Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

IUS CANONICUM - Elmar Güthoff, Der vordem Staat erklärte Austritt aus der Kirche in Deuschland angesichts von Entscheidungen und Verlautbarungen aus dem Jahr 2012

DER VOR DEM STAAT ERKLÄRTE AUSTRITT AUS DER KIRCHE ... 243 III. Die Rechtsauffassung der deutschen Bischöfe 7. Die zumindest bis 2006 vorherrschende Auffassung Es stellt sich die Frage, wie die Kirche den vor dem Staat erklärten Austritt aus der Kirche bewertet. Obwohl die Kirche keinen Austritt aus der Kirche kennt, kann es ihr nicht egal sein, wenn jemand öffentlich erklärt, dass er nicht mehr Glied der Kirche sein will. Der vor dem Staat erklärte Austritt aus der Kirche ist eine deutsche Besonderheit und wird durch das allgemeine Strafrecht nicht ausdrücklich mit Strafe bedroht. Über Jahrzehnte hinweg herrschte in Deutschland die Auffassung vor, dass der Austritt aus der Kirche zumindest ein Schisma gemäß c. 751 begründet. Nach c. 1364 zieht ein Schisma die Tatstrafe der Exkommunikation nach sich. Daran soll sich auch nach der Revision des kanonischen Strafrechts nichts ändern14. Der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte veröffentlichte 2006 ein Schreiben zum „actus formális“ und stellte Kriterien für einen solchen Formalakt auf, von denen zumindest eines nicht auf den vor dem Staat erklärten Austritt aus der Kirche zutrifft15: So ist es wesentlich für den „actus formális“, dass er gegen­über der Kirche erklärt wird. Die Erklärung des PCLT bezog sich aber nicht auf den vor dem Staat erklärten Austritt aus der Kirche, sondern nur auf den „actus formális“ gemäß cc. 1086 § 1, 1117 und 1124. Gemäß c. 18 scheidet eine analoge Anwendung auf den Kirchenaustritt aus. Zudem sind Häresie und Schisma nach c. 751 nicht formgebunden. Die strafrechtlichen Wirkungen ge­mäß c. 1364 können grundsätzlich auch dann eintreten, wenn die entsprechen­den Erklärungen z. B. vor einem Vertreter des Staates abgegeben werden. Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz erklärte am 24. 04. 2006: „Durch die Erklärung des Austritts aus der katholischen Kirche vor der staatlichen Behörde wird mit öffentlicher Wirkung die Trennung von der Kir­che vollzogen. Der Kirchenaustritt ist der öffentlich erklärte und amtlich be­kundete Abfall von der Kirche und erfüllt den Tatbestand des Schismas im Sinn des c. 751 CIC“16. Die Äußerung gibt die bis zu diesem Zeitpunkt vor­herrschende Bewertung des Kirchenaustritts wieder. Um eine partikular­rechtliche Strafandrohung der Bischofskonferenz nach c. 1319 handelt es sich 14 S. PCLT (Hrsg.), Schema recognitions Libri VI Codicis Iuris Canonici, Typis Vaticanis 2011, c. 1364. 15 S. PCLT, Schreiben an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen vom 13. 03. 2006, in Archiv für katolisches Kirchenrecht 175 (2006) 158-160. 16 DBK, Erklärung zum Austritt aus der Katholischen Kirche vom 24. 04. 2006, in Archiv für katolisches Kirchenrecht 175 (2006) S. 160-162. - Zur Situation in Österreich vgl. Gruber, Gerald, Actu formali ab Ecclesia catholica deficere. Zur Problematik des vor staatlichen Stellen vollzogenen Kirchenaustritts vor dem Hintergrund des Zirkularschreibens des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte vom 13. März 1996 und der Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz vom März 2007, Wien 2009.

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