Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)
SACRA THEOLOGIA - Imre Kocsis, Die christologische Interpretation von Gen 2,7 in 1 Kor I5,44b-49
DIE CHRISTOLOGISCHE INTERPRETATION VON GEN 2,7 IN 1 KOR 15.44B-49 13 Die Adam-Christus-Typologie wird ausführlich in Röm 5,12-21 entfaltet, in dem die Sündentat Adams mit der Gnadentat Jesu Christi verglichen wird." In 1 Kor 15,44b-49 dagegen sind nicht die negativen oder positiven Taten, die Adam bzw. Christus vollbracht haben, einander entgegengesetzt, sondern ihre Wesen: das, was sie sind. Adam wird hier nicht als der Unheilbringende zum Typ Christi, sondern als die erste menschliche Kreatur. Als Ergebnis des Schöpfungsaktes Gottes wurde er siç vj/rr/f|v Çtâaav. TV/p (Psyché) bedeutet den „natürlichen Lebensodem”, der ein bestimmtes Leben für bestimmte Zeit sichern kann, aber dieses Leben bleibt immer gefährdet, schwach und vergänglich; es kann in jedem Moment aufhören zu existieren. Gerade diese kreatürliche Schwäche wird in VV. 42—44a beschrieben. 'PuxP Çcôaa ist also eine Bezeichnung für Adam und für all seine Abkömmlinge, die einen vergänglichen, armseligen, schwachen, das heißt psychischen Leib tragen.11 12 Als solche schwach und vergänglich bestimmte Kreatur wird Adam zum Typ Christi. Seine menschliche Person als \|/oxÙ Çrâaa fordert eine andere, die nicht mehr von den geschöpflichen Schwächen determiniert ist. Die erste Schöpfung fordert schon eine zweite, die die Begrenztheit der ersten überwindet.13 Diese neue Schöpfung ist für Paulus mit der Auferstehung Jesu Christi angekommen. Was die Menschheit (dogmatisch ausgesagt: die menschliche Natur) betrifft, war auch Jesus vor der Auferstehung \|/uxt| Çcôaa mit einem ampa yuxucóv. In Phil 2,7 und in Röm 8,3 schreibt Paulus, dass der Sohn Gottes durch die Inkarnation den Menschen ganz gleich geworden ist (freilich ausgenommen die Sünde; vgl. 2 Kor 5, 21). In 2 Kor 13,2 wird der Kreuzestod Jesu so vorgestellt: „Er wurde in der Schwäche gekreuzigt, aber nun lebt er aus Gottes Kraft”.14 Demzufolge wurde der Leib Jesu erst nach der Auferstehung unvergänglich, herrlich und kraftvoll.15 11 Zu diesem Text des Römerbriefes vgl. die Kommentare bzw. Brandenburger, E., Adam und Christus. Exegetisch-religionsgeschichtliche Untersuchung zu Röm 5,12-21 (1 Kor 15), Neu- kirchen-Vluyn 1962. 12 Die Sünde zieht Paulus hier nicht in Betrachtung. Mit Recht schreibt J. A. Fitzmyer: „There is not even a hint here that Adam is being considered »as a sinner«; he is simply the first human being created.” Fitzmyer, J. A., First Corinthians, 597. Vgl. auch Penna, R., Cristologia ada- mica e ottimismo antropologico in I Cor. 15,45-49), in L'uomo nella Bibbia e nelle culture ad essa contemporanee (Atti del Simposio per il XXV dell’ A. B. I. 1973), Brescia 1975. 181-208, 203-204. 13 „La création d’Adam n’est pas la fin de l’œuvre du Créateur: Gn 2,7 annonce à l’homme mortel le Christ qui le fera revivre.” Senft, C., La première épître de Saint Paul aux Corinthiens, 209. 14 Man kann auch eine Stelle des Hebräerbriefes zitieren. Der Brief stammt zwar nicht von Paulus, dennoch bezeugt er klar, wie in der Urkirche die Menschwerdung des präexistenten Sohnes ernst genommen wurde: „Weil nun die Kinder von Fleisch und Blut sind, hat auch er’s gleichermaßen angenommen (...).” (Heb 2,14). 15 Dass Christus nach der Auferstehung ttveüpa Çcponoioüv wurde, ist von den Exegeten allgemein anerkannt. Vgl. Teani, M„ Corporeità e risurrezione. L’interpretazione di 1 Corinti 15,35^49 nel Novecento, Roma 1994. 250 (Anmerkung 101). Schräge, W., Der erste Brief an die Korinther IV, 304.