Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Imre Kocsis, Die christologische Interpretation von Gen 2,7 in 1 Kor I5,44b-49

12 IMRE KOCSIS druck crâna 7iveupaTiKÓv tatsächlich aus der Schrift (Gen 2,7b) herauslesen konnte, aber das bedeutet nicht, dass 15,45b einfach ein Bibelzitat sei. Außer­dem möchte der Apostel nicht bloß aus dem Stand von Christus als Ttveöpa ÇcpOTCOioüv auf die Möglichkeit des Auferstehungsleibes folgern, sondern aus der Beziehung zwischen dem ersten und dem letzten Adam auf das Verhältnis zwischen (râpa yuytKÓv und (râpa TtveopaxiKÓv schließen. Ich bezeichne V. 45b mit W. Schräge als eine „midraschartige Auslegung” von Gen 2,7 und nicht als ein Zitat.8 Nicht einmal der erste Teil könnte ein Zitat im heutigen Sinn genannt werden. In der Septuaginta steht: Kai éyévsTO ó avBpomoç siç yuyjiv ipncrav. Paulus fügt also dem griechischen Text das Ad­jektiv npcoTOç und den Eigennamen A8áp hinzu. Es ist typisch paulinisch, dass er das Schriftwort anführt und es zu erleuchten versucht, aber nicht im Sinn der heutigen Exegese. Er hat kein Interesse daran, den Text in seinem ursprünglichen Kontext zu stellen oder die Situation ins Auge zu fassen, in der der alttestamentliche Verfasser geschrieben hat, sondern er möchte die eigene Bedeutung der Schrift kundmachen, das heißt ihre Orientierung auf Christus hin.9 Deswegen kann er manchmal Veränderungen und Zufügungen unter­nehmen, oder aber verschiedene Schriftstellen miteinander verbinden, weil er damit die christologische Ausrichtung betonen kann.10 In unserem Fall verraten schon die zwei Zufügungen die eigentliche Absicht von Paulus. Er sieht in Adam die erste konkrete menschliche Person mit dem Namen Adam, und nicht den Menschen (die Menschheit) im allgemeinen Sinne. Dieser Adam wird „der erste” genannt und damit wird betont, dass er nicht das letzte Wort Gottes ist. Aus dem Dasein des „ersten Adams” folgt, dass auch ein zweiter bzw. „letzter Adam” auftreten soll. Hier denkt Paulus ganz typologisch und sieht in Adam einen ersten Typ von Menschen, der auf einen anderen Typ (Antityp) hinweist. Wer der letzte Adam sei, wird nicht näher er­klärt, aber aufgrund von VV. 20-22 kann kein Zweifel darüber bestehen, dass es hier um keine mythologische Gestalt, sondern um Christus handelt. 8 Vgl. Schräge, W„ Der erste Brief an die Korinther IV (EKK VII/4), Düsseldorf 2001. 302. In den exegetischen Studien gibt es auch andere Bezeichnungen für 15,45b: „Midrasch”: Mori- sette, R., L'antithèse entre le psychique et le pneumatique en I Corinthiens XV 44 à 46, 224- 228. „Targumartige Paraphrase”: Bauer, K. A., Leiblichkeit, das Ende aller Werke Gottes, 98. „Commentaire”: C. Senft, Corinthiens, 209. „Theological expansion of Gen 2,7”: Usami, K.. How are the dead raised (ICor 15,35-58), in Biblica 57 (1976) 468-493, 477. Kritisch gegen­über solchen Bezeichnungen Fitzmyer, J. A„ First Corinthians, 597. 9 Zur paulinischen Schriftauslegung vgl. Michel, O., Paulus und seine Bibel, Gütersloh 1929. Bonsirven, J., Exégèse rabbinique et exégèse paulinienne, Paris 1939. Koch, D.-A., Die Schrift als Zeuge des Evangeliums. Untersuchungen zur Verwendung und zum Verständnis der Schrift bei Paulus, Tübingen 1986. Stanley, C. D., Paul and the Language of Scripture: Citation Technique in the Pauline Epistles and contemporary Literature, Cambridge 1992. Tiwald, M„ Hebräer von Hebräern. Paulus auf dem Hintergrund frühjüdischer Argumentation und bibli­scher Interpretation, Freiburg 2008. 10 Ähnliche Verfahrungsweise können wir auch in anderen Stellen des 15. Kapitels sehen. In 15,25- 27 kombiniert Paulus Ps 110,1 und Ps 8,7. In 15,55 fügt er Is 25,8 und Hos 13,14 zusammen.

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