Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, Die „Religionsphilosophie” Johann-Gottlieb Fichtes. Ihre Hintergründe und ihre Aktualität

DIE „RELIGIONSPHILOSOPHIE” JOHANN-GOTTLIEB FICHTES 123 Ursache desselben anzunehmen; der ursprüngliche Verstand macht sonach diesen Schluss sicher nicht und kennt kein solches besonderes Wesen; nur eine sich missverstehende Philosophie macht ihn (...).”100 Weil es in der Vernunft kein Grund finden lässt, ein „besonderes Wesen” neben der moralischen Weltordnung anzunehmen, so gibt es auch kein solches Wesen. - Diese a-priori Kriterien lagen bei Fichte schon in der Offenbarungs­schrift vorgebildet vor. Dasselbe gilt für den Glauben als „unmittelbar gege­benen”: „So bleibt der Glaube bei dem unmittelbar Gegebenen, und steht unerschütterlich fest; wird er abhängig gemacht vom Begriffe, so wird er wankend, denn der Be­griff ist unmöglich und voller Widersprüche.”101 Der Glaube lässt sich also nicht durch, und auf einen Begriff festlegen. Diese dynamische Auffassung von Gott wäre eigentlich zu begrüßen, wenn es ein­deutig wäre, dass sie die Existenz Gottes mindestens voraussetzt. - Die Sicherheit der Existenz Gottes und der moralischen Weltordnung ist nach Fichte austauschbar: „Es ist (...) ein Missverständnis, zu sagen: es sei zweifelhaft, ob es ein Gott sei, oder nicht. Es ist gar nicht zweifelhaft, sondern das Gewisseste, was es gibt, ja der Grund aller anderen Gewissheit, das einzige absolut gültige Objektive, dass es eine moralische Weltordnung gibt (...) Es kann ebenso wenig von der anderen Seite dem, der nur einen Augenblick nachdenken, und das Resultat dieses Nach­denkens sich redlich gestehen will, zweifelhaft bleiben, dass der Begriff von Gott, als einer besonderen Substanz, unmöglich und widersprechend ist: und es ist er­laubt, dies aufrichtig zu sagen, und das Schulgeschwätz niederzuschlagen, damit die wahre Religion des freudigen Rechttuns sich erhebe.”102 Fichte kennt die Analogie nicht, er gibt eine einzige Substanz zu: das Ich. Er vergisst aber, dass unter seinen Zeitgenossen noch einige gab, welche die Substantialität Gottes angenommen, und für legitim gehalten haben. Fichte hat auf die Konfiskation und auf die zur Redestellung gereizt und prompt reagiert. So erschien im Januar 1799, also einen Monat nach der Konfiskationsmassnah­me, die Schrift Fichtes, welche den Titel trägt: „Appellation an das Publikum über die durch ein Kurf. Sächs. Confiscationsrescripte ihm beigemessenen atheistischen Aeusserungen.” - Und dann der bissige Untertitel: „Eine Schrift, 100 Ebd. 130. 101 Ebd. 131. 102 Ebd. 131 f.

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