Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)
SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Die Tugend des Gehorsams als Grundlage des klerischen das Heißt des kanonischen Gehorsams
22 GÉZA KUMINETZ Autorität die Macht all das zu machen, was der katholische Wortgebrauch den Dienst des Allgemeingutes nennt. Auch unser Herr Jesus Christus hat eine religiöse Gemeinschaft gegründet, die hierarchisch geordnet ist, also an der Spitze seines Volkes gibt es eine Leitung, damit seine Befehle eingehalten und nicht verfälscht werden.8 Und wo Leiter gibt, sind da auch der Gesetz,9 Befehl und Gehorsam vorhanden.10 Der Leiter muss wissen, was, wann und wie er befehlen soll, der Untergebene muss jedoch bewusst sein, wann, worin und wie er der gesetzlichen Anordnung gehorchen soll. Und hier befindet sich die Wurzel des Problems, falls der Geist des Gehorsams nicht verwirklicht werden kann, denn auf paradoxe Weise bezieht sich das in erhöhtem Masse auf den Leiter. Er muss ja im voraus, in einem größeren Zusammenhang sehen, was er mit dem bestimmten Befehl zu erzielen wünscht, und auf welche Weise er ein guter Verwalter der göttlichen Befehle werden kann. Darum hat die katholische Kirche vom Anfang an den Geist des Gehorsams und der Demut betont, weil wir mit diesen Tugenden den Glauben, die Hoffnung und Liebe, kurz gesagt beinahe das ganze Tugend- oder Seelenleben in Besitz nehmen können. Diese sind die Tugenden, die, falls sie wirklich vorhanden sind, uns am meisten frei machen, denn sie verbinden uns auf indirekte oder direkte Weise mit der göttlichen Wahrheit. Lebensprozess ist eigentlich eine Ellipse, die auf polaren Gegensätzen als Brennpunkten konstruiert ist. Solange die zwei Gegensätze in ihrem eigenen Brennpunktkreis bleiben, ist die Lebensströmung normal; wenn sie aus diesem Kreise ausbrechen, fängt das Problem an; und wenn sie den Gegenpol durchbrechen und ihn zu verschlingen versuchen, erscheint die Krise“. Aus dieser Analyse geht hervor, dass die Autorität und die Macht ihre unentbehrliche Rolle haben, und die eigentliche Aufgabe ist es, ihre Kanäle, das Durchbrechen ihrer Wirkungen zu sichern und ihre religiöse, moralische und rechtliche Reinheit zu hüten. Die Menschen „können nämlich nicht ohne die Macht und ohne die sich daraus ergebende Autorität geleitet werden, besonders nicht gegen ihre Leidenschaften und schlechte Neigungen, im Gegenwind“. 8 Diese Auffassung zeigt, dass sich die Person nicht automatisch zu menschlichem Menschen entwickelt, sondern in der Gesellschaft, in ihren spezifischen Kraftfelden und durch Selbsterziehung (beim ungebrochenen Marschieren nach der erkannten und anerkannten Ideale). Die Gesellschaft ist nicht die numerische Summe der Einzelnen, das ist nur oder nur noch eine Masse. Die Gesellschaft kann die Person nicht in sich saugen (Kollektivismus, dessen Grundlage eine absurde, utopische Gemeinschaft ist), und auch die Person kann die Gemeinschaft wegen einer illusorischen Freiheitsidee nicht auflösen. 9 Die Autorität und die Macht sind also vernunftmässig, da sie in die menschliche Natur eingeimpft sind. Vgl. Kuminetz, G., A tekintély és a hatalom mivolta és rendeltetése katolikus szemmel [Das Wesen und die Bestimmung der Autorität und der Macht katholisch betrachtet], in Magyar Sion 2 (2008) 186-187. 10 Heutzutage wird diese mit der Autorität verbundene Macht gern Dienst genannt. „Wir können jedoch diesen Dienst nicht bloss als ein innerliches Verhalten und Gesinnung der die Macht ausübenden Person betrachten. Es handelt sicht nicht nur um ein asketisches Prinzip oder darum, was zur Ausübung der Macht künstlich, als ein äusseres Element kommt. Dieser Dienst besteht nämlich gerade im richtigen Entsprechen all den mit der Macht verbundenen Pflichten und Rechten. Die Macht muss dementsprechend mit einer erforderlichen Stärke und Gesetzlichkeit ausgeübt werden (...).“