Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)

SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, Leo Scheffczyk und die Tübinger Schule

106 ZOLTÁN ROKAY VI. Johannes Ev. Kuhn ( 1806-1887)54 1. Offenbarung Wie in ihrem Ganzen, so auch im Punkt der Offenbarung nimmt die Theologie von Kuhn eine mittlere Position zwischen dem Skeptizismus Jacobis und des Transzendentalismus Schellings und Hegels ein, wobei der Einfluss des letzte­ren sich deutlich bemerkbar macht.55 Die Wege des aristotelisch-thomistischen „Gottesbeweise“ konnten nach Kuhn den persönlichen Gott nicht erreichen, und konnten deshalb „über das Absolute im pantheistischen Sinne nicht hinaus.“56 - „Aber diese Begrenzung ist der ,Verstandesphilosophie' und dem Vemunft- glauben nur gesetzt, um seine Ergänzung und Integrierung durch den Offenba­rungsglauben erkennen zu lassen.“57 „Grundsätzlich besteht die Unmöglichkeit der Vernunft die Erkenntnis der OffenbarungsWahrheiten aus eigener Kraft zu gewinnen. Aber die wesentliche Transzendenz der Offenbarung gegenüber der Vernunft besagt nicht, dass die Offenbarungswahrheiten im Widerspruch zum Menschengeiste stünden. Die Begrenzung der menschlichen Erkenntniskraft bedeutet zugleich ihre Offenheit für die Übernatürliche Offenbarung, die dem Menschen übervemünftige Wahrheiten vorhält und seine natürliche Erkennt­nisfähigkeit erhöht und vollendet.“58 - In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach dem Verhältnisse von Philosophie zur Theologie in der Darstellung des Offenbarungsinhaltes, da sich Kuhn beiden gleich verpflichtet weiß. Die Philosophie tritt dabei in dienender Funktion auf „was aber keine Unterordnung der Philosophie als objektiver Vemunftwissenschaft besagt.“59 Scheffczyk macht gleich auch auf folgendes, bei Kuhn festzustellendes Verfahren aufmerksam: 54 Lebensdata: im Jahre 1806 in Wäschenbeuren bei Schwäbisch Gmünd geboren; in Schwäbisch Gmünd hat er das Gymnasium absolviert, 1825-1830 in Tübingen Theologie studiert; er ge­wann das erste Preis mit einer Arbeit über die Philosophie von Fr. H. Jacobi. Anlässlich einer Studienreise nach München im Jahre 1831 führte er eine heftige Debatte mit Schelling. Er war ab 1832 Professor für das Neue Testament in Giessen. Ab 1839 bis 1882 war er Professor für Exegese, nachher als Nachfolger Dreys für Dogmatik in Tübingen. Er hat auch verschiedene Ämter in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Sein im Jahre 1887 erfolgter Tod wird auch als das Ende der Tübinger Schule betrachtet. - „Hauptwerke“: Jacobi und die Philosophie seiner Zeit, Mainz 1834. Leben Jesu, wissenschaftlich bearbeitet, Mainz 1838. Katholische Dogmatik, Tü­bingen 1846-1857. Philosophie und Theologie. Eine Streitschrift, Tübingen 1860. Das Natürli­che und das Übernatürliche, Tübingen 1864. Die christliche Lehre von der göttlichen Gnade, Tübingen 1868. Massgebend für Kuhn: Geiselmann, J. R., Die lebendige Überlieferung als Norm des christlichen Glaubens, Freiburg 1959. Vgl. Scheffczyk, L. (Hrsg.), Theologie in Aufbruch und Widerstreit, 88-91. Sowie: Fries, H., Johannes von Kuhn, Graz 1973. 55 Scheffczyk, L. (Hrsg.), Theologie in Aufbruch und Widerstreit, XXIV f. 56 Ebd. XXIV f. 57 Ebd. XXV. 58 Ebd. 59 Ebd.

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