Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)
SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, Leo Scheffczyk und die Tübinger Schule
102 ZOLTÁN ROKAY und der Kirche bedingte, bringt schon die Zeit unmittelbar nach der , Einheit1 die Wendung zur,gottmenschlichen‘ Sicht, zum .Prinzip des Inkamatianismus', wie sie in dem Satz zum Ausdruck kommt: ,Gott und Mensch sind die Faktoren und die Geschichte ihr gemeinsames Produkt.’“37 Die Symbolik Möhlers ist nach Scheffczyk nicht bloss eine Kritik der protestantischen Lehre, welche Möhler auf eine unvollständige Anthropologie zurückführt, sondern auch eine entsprechende Beleuchtung der katholischen Lehre und deren Grundwahrheiten. Und insofern ist es für Scheffczyk die Leistung Möhlers von Bedeutung. Ganz im Sinne seiner Auffassung des Katholizismus, des „Katholischen“ versteht er das Anliegen und die Auslegung Möhlers, indem er behauptet: „Die in diesem Werk erreichte Schau der Kirche und des Katholizismus als Einheit von Göttlichem und Menschlichem, von Mystischem und Vemunftgemässem, von Subjektivem und Objektivem stellt das tiefste und lebendigste Wort über die Kirche dar, das in der Tübinger Schule gesprochen wurde. Es war zugleich auch die deutlichste Demonstration der neuerwachten Kirchlichkeit, die lange Zeit nachwirken sollte.“38 Zugleich bedeutete die „Symbolik“ eine Wendung bei Möhler in dem Sinne, dass jetzt nicht mehr im rationalistischen Naturismus, sondern im protestantischen Supranaturismus seinen Hauptgegner erkannte, und ihn, um einem Pantheismus auszuweichen dazu veranlasst hat, eine strengere und schärfere Unterscheidung zwischen Natur und Übematur, natürlicher und übernatürlicher Offenbarung auszuarbeiten. Zuerst schloss er sich in diesem Punkte seinem Lehrer. Drey an. indem er die Gotteserkenntnis allein auf die besondere (nicht streng übernatürlich gefasste) Offenbamng zurückgeführt hat - und ist auf diese Weise dem französischen Traditionalismus nahegekommen, jetzt aber sah er sich vor die Aufgabe gestellt, „die Dialektik der religiösen Existenz deutlicher zum Ausdruck zu bringen und die Zweiheit von natürlicher und übernatürlicher Offenbarung zu betonen.“39 Dies ist auch aus seiner Auseinandersetzung mit Bautains her zu erklären, indem er betonen muss, dass es keinen Gegensatz zwischen beiden „Offenbarungsarten“ gibt, da auch das religiöse Wissen auf Gott und seine Uroffenbarung zurückgeführt wird.40 So wurde - wie schon zu beginn angekündigt - die Frage der Offenbarung zu einer Frage der Überliefemng. Die organische Einheit in der Lehre und im Wirken der Kirche ergibt sich aus ihrer Gründung, und ernährt sich aus ihrem Ursprung, lässt sich aber auch mit Hilfe des romantisch-organologischen und historischen Denken der deutschen Romantik annähem. Scheffczyk ist der 37 Ebd. XVII. 38 Vgl. ebd. und XIX. 39 Ebd. XX. 40 Vgl. ebd. und XIX.