Folia Canonica 6. (2003)
STUDIES - Peter Landau: Seelsorge in den Kanonessammlungen von der Zeit der gregorianischen Reform bis zu Gratian
SEELSORGE IN DEN KANONESSAMMLUNGEN 69 und in der Collectio Burdegalensis,74 beides Sammlungen aus der Region von Poitiers. Für die weitere Überlieferung war es bedeutsam, dass durch Ivo von Chartres derBonifaz-Text ,Sunt nonnulli fulti* sowohl in Ivos Dekret 75als auch in den Dekretauszug aufgenommen wurde, der den dritten Teil der Collectio Tripartita bildet.76 Nach England gelangten beide Fälschungen bereits im 11. Jahrhundert als Zusätze zur Collectio Lanfranci in einer aus dem Kloster Bec in der Normandie stammenden Handschrift in Cambridge.77 Beide Fälschungen wurden auch in zwei Handschriften der in Frankreich kompilierten Vier-Bücher-Sammlung aufgenommen. Die heute in London aufbewahrten Manuskripte stammen aus Frankreich und sind noch dem 11. Jahrhundert zuzuordnen, bald nach Kompilation der Vier-Bücher-Sammlung um 1080.78 Es lässt sich demnach eine breite Rezeption von JE+1996 (Bonifaz) und eine weitaus geringere von JE+1951 (Gregor) in Frankreich und England feststellen. Italienische Kanonessammlungen haben häufig den Bonifaz-Text aufgenommen, aber kaum jemals den Gregor-Text, mit Ausnahme eines Zusatzes in einem Burchard-Codex aus Montecassino79 80. Der Pseudo-Bonifaz-Text ,Sunt nonnulli* wurde zwar noch nicht von Anselm, Deusdedit und Bonizo, wohl aber dann oft in italienischen Kanonessammlungen seit etwa 1100 rezipiert. Am Anfang steht hier vielleicht die Collectio Farfensis um 1100 des Gregor von Catino.80 Es ist allerdings merkwürdig, dass zwischen der Kenntnis des Petrus Damiani 1058 und der Zusammenstellung der Farfensis 1100 keine italienische Kanonessammlung ,Sunt nonnulli* rezipiert haben soll. Der Bonifaz-Text steht in der Collectio Farfensis mitten in einer Exzerptenreihe aus der Sammlung in 5 Büchern der Handschrift Vat.lat. 1339, die neben Burchard von Worms die Hauptquelle der Farfensis war. Der Herausgeber der Collectio Farfensis Theo Kölzer hat daher vermu74 Gilchrist, The Influence (Fn. 66), 267 (Sigle B2). Zur Collectio Burdegalensis cf. KÉRY, Canonical (Fn. 73), 215s. 75 Ivo, Decr. 7.22 - cf. Gilchrist, The Influence (Fn. 66), 280. 76 Collectio Tripartita 3.11.8 - cf Gilchrist, The Influence (Fn. 66), ibidem 77Cfr. Gilchrist, The Influence (Fn. 66), 268 (Sigle C8). Diese Handschrift [m.s. Cambridge, Trinity College B 16.44 (405)] wird für diejenige Kopie der Collectio Lanfranci gehalten, die Lanfrank selbst vom Kloster Bec nach Canterbury brachte. Cf. hierzu Schafer Williams, Codices Pseudo-Isidoriani (MIC, Ser. C, vol. 3), New York 1971, 78s (Sigle: Excerpta 1). 78 Cf. Gilchrist, The Influence (Fn. 66), 279: mss. British Library Add. 2286 und Arundel 173. Zur Sammlung in vier Büchern cf. J. Gilchrist, The Relationship between the Collection in Four Books and the Collection in Seventy-Four Titles, BMCL N.S. 12 (1982) 13-30. 79 In m.s. Montecassino, Archivio dell’Abbazia 54. JE+1951 ist hier am Ende von Buch VIII des Decretum Burchardi hinzugefügt - cf. Gilchrist, The Influence (Fn. 66), 272 mit n.41 und 282s. Gilchrist nimmt an, dass diese Handschrift vielleicht nicht italienischen Ursprungs sei. 80 Collectio Farfensis 3.41 - cf. Th. Kölzer (ed.), Collectio canonum Regesto Farfensi inserta, in MIC, ser. B, vol.5, Città del Vaticano 1982, 232s.