Folia Canonica 6. (2003)
STUDIES - Helmuth Pree: Die politische und gewerkschaftliche Betätigung geistlicher Personen im CIC (1983) und im CCEO (1990)
DIE POLITISCHE UND GEWERKSCHAFTLICHE BETÄTIGUNG 31 und allenfalls in einer bloßen Parteimitgliedschaft einerseits, aktiver Tätigkeit in einer Partei, wie sie sich in Gründung, öffentlichem Eintreten für die Partei und ihre Ziele, Ausübung von Parteifunktionen äußert andererseits. Dem Kleriker wie auch dem Religiösen und Angehörigen von Gesellschaften des apostolischen Lebens ist es nicht verboten, sich eine eigene politische Meinung zu bilden und ebenso wenig, bei den allgemeinen (geheimen) Wahlen von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen.88 Auch Mitglied einer politischen Partei zu sein, ohne freilich für diese aktiv zu werden, ist von dem Verbot nicht erfasst: ,Jn Ulis adiunctis, in quibus diversae optiones politicae aut sociales aut oeconomicae legitime exstant, presbyteri, sicut omnes cives, ius habent proprias optiones faciendi.”89 Diese Rechte stehen von der Sache her, d. h. von Wesen und Auftrag der kirchlichen Sendung her, unter zwei Vorbehalten: (1) Der Priester, dessen bürgerliche Existenz nicht von der Existenz als Geweihter zu trennen ist - Analoges gilt für die Religiösen - muss stets dignum validum unitatis” bleiben, um das Evangelium in seiner Fülle verkünden zu können: Deshalb kann es Situationen geben, in denen für den Kleriker oder Religiösen die Pflicht besteht, auf die Geltendmachung, insbesondere in der Öffentlichkeit, ihres eigenen politischen Standpunktes zu verzichten und sich einer Parteinahme zu enthalten.90 (2) Eine zweite sachliche Schranke ergibt sich aus can. 278 §3 CIC (siehe oben). Für den Fall, dass die dort genannten Kriterien auf die konkrete politische Partei zutreffen, handelt es sich bei dieser um eine Klerikern verbotene Vereinigung. Daraus folgt zwingend das Verbot der Mitgliedschaft in einer solchen Partei. Schon bei der Bildung und Pflege einer persönlichen politischen Überzeugung bzw. Meinung - umso mehr im Flinblick auf das eventuelle Erfordernis einer Zusammenarbeit mit einer politischen Partei - muss sich der Priester und die Ordensperson stets dessen bewusst sein, dass politische Optionen ihrer Natur nach kontingent und vorläufig sind und nie das Evangelium adäquat auszudrücken vermögen.91 Im Unterschied dazu ist die aktive Beteiligung (activam partem ne habeant) an politischen Parteien jedweder Axt, auch an solchen, die Elemente der christlichen Lehre in ihr Parteiprogramm aufgenommen haben oder gar ein „C” in ihrem Namen tragen, jedenfalls dem Verbot zu subsumieren.92 „Obwohl nämlich 88 ANDRÉS, Derecho (Anm. 79) 492 (Nr. 691). 89 Bischofssynode 1971 über das Amtspriestertum (Anm. 35) 913. 90 Bischofssynode 1971 über das Amtspriestertum (Anm. 35) 913 : „Insuper curandum est, ne eius optio quasi unica legitima Christianis appareat vel causa discidii inter christifideles fiat. Memores sint presbyteri maturitatis laicorum, quae magni facienda est, cum de ambitu peculiari, in quo versantur, agitur.” 91 Bischofssynode 1971 über das Amtspriestertum (Anm. 35) 913. 92 Dabei ist unerheblich, ob die Gruppierung nach staatlichem Recht formal als politische Partei anerkannt bzw. registriert ist. Auch verfassungsfeindliche politische Gruppierungen, denen nicht der Statuts einer politischen Partei zuerkannt wird, fallen selbstverständlich unter das Verbot. Allgemein gesprochen genügt es, dass es sich um eine Vereinigung mit politischer