Folia Canonica 5. (2002)
BOOK REVIEWS
BOOK REVIEWS 331 sehen Kurie regelt: Ein Großteil aller geltenden Rechtsnormen der katholischen Kirche ist von Johannes Paul II. in Kraft gesetzt worden. Als Nichtkanonist und Nichtjurist hätte der Papst seine Arbeit als Gesetzgeber zur Gänze einer berufenen Expertenkommission überlassen können. Tatsächlich geschah jedoch das Gegenteil: Als beispielsweise im Oktober 1981 die Plenarkommission nach den bekannten, jahrelangen Vorarbeiten das Schema des künftigen Kodex dem Papst vorlegte, arbeitete Johannes Paul II. persönlich noch einmal den gesamten Entwurf lange und gründlich durch -mit der Hilfe von sieben Fachleuten. Zu diesen engsten Mitarbeitern des Papstes auf kirchenrechtlichem Gebiet gehört auch Zeno Kardinal Grocholewski. In seinem in der „Editorial Temis“ vom „Instituto de Humanidades“ der „Universidad de la Sabana“ in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá auf spanisch veröffentlichten Band, gibt uns der Autor einen Schlüssel zum Verständnis der Grundgedanken, die der Gesetzgebung Johannes Pauls II. zugrundeliegen. Um es gleich vorwegzunehmen: Johannes Paul II. denkt als Jurist ebenso wie als Theologe und als Philosoph. Seine juristisch-administrative Arbeit ist nach demselben Maßstab zu messen wie sein philosophisches und sein theolo- gisch-pastorales Werk. Die Grundsätze des Denkens Joahannes Pauls II. sind jedoch auch von rechtsphilosophischer Relevanz. Johannes Paul II. geht, wie bekannt, in seinem Denken von der Priorität des Menschen aus. Was ist der Mensch? fragt Karol Wojtyla in seinen philosophischen Werken, um diese Frage wie folgt zu beantworten: Der Mensch ist Geschöpf Gottes, er ist Person, nicht „etwas“, sonden Jemand“, einzigartig und unwiederholbar, Subjekt, autonom in seinem Sein und in seiner operativen Dynamik, seinem Handeln. Er ist frei: er kann handeln, aber er ist nicht dazu gezwungen. Er besitzt und beherrscht sich ausschließlich selbst. Durch dieses Sich-Selbst Bestimmen (Autodétermination), die den Menschen zum Herrn seiner selbst macht, ist der Mensch auch jedem anderen unmitteilbar (alteri incommunicabilis)-. Niemand anderer kann diese Herrschaft eines Jeden über sich selbst stellvertretend ausüben oder übernehmen. Mit anderen Worten, niemand kann den Anderen in der Entscheidung seiner Freiheit ersetzen. Der Mensch ist aber nicht absolut frei. Er muß sich nach der Wahrheit richten. Sein Handeln ist der Wahrheit über das Gute unterworfen. Diese Erkenntnis der Wahrheit erfolgt durch das Gewissen. Dank seinem Gewissen erkennt sich der Mensch als Handelnder. Da der Mensch der Wahrheit über das Gute unterworfen ist, muß er sein Gewissen im Licht der Wahrheit bilden, damit dieses die Wahrheit erkennt. Denn nur durch die moralisch gute Handlung im Licht der objektiven Wahrheit, der Wirklichkeit, ver-wirklicht sich der Mensch, das heißt, gelangt er als Person zu seiner rechten Erfüllung.