Folia Canonica 4. (2001)
STUDIES - Pavel Krafl: Studium des mittelalterlichen kanonischen Rechtes und der Kirchenverwaltung in der Tschechischen Republik für die Jahre 1990-2000
MITTELALTERLICHEN KANONISCHEN RECHTES UND DER KIRCHENVERWALTUNG161 Miroslav Cernÿ bereitete in Bezug auf eine italienisch geschriebene Dissertation ein Werk über Kunes von Trebovle vor. Diese Persönlichkeit war ein bedeutender Repräsentant der böhmischen mittelalterlichen Rechtslehre der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, Autor von hochwertigen kanonistischen Schriften, Generalvikar des Prager Erzbistums und nicht zuletzt synodaler Prediger. Herr Cernÿ beschreibt das Lebensschicksal von Kunes, erörtert seine Prager synodalen Predigten und zum Schluss seine bedeutendste Arbeit — das Traktat über Heimfall - das in seinen Ausführungen die historische Anschauung über die Zergliederung der Gesellschaft weit überholt. Der zweite Teil des Buches enthält kritische Editionen von insgesamt sechs Schriften: zwei synodale Predigten und das Bruchstück einer dritten, zwei Traktate de devolucionibus und schließlich das Werk Arenga ante papam, das Kunes wahrscheinlich bei seiner Botschaft an Papst Urban VI. im Jahre 1379 vorgetragen hat. Der Autor entdeckte eine unbekannte Schrift von Kunes, die im Zusammenhang mit der Einführung des Festes Mariä Heimsuchung durch Erzbischof Jan von Jenstejn entstand.27 28 Das letzte in Böhmen und Mähren in den letzten zehn Jahren im Fach historische Kanonistik herausgegebene Buch ist Husùv proces (Prozess von Hus) von Jifi Kejr. Über den Konflikt von Jan Hus mit dem Prager erzbischöflichen Stuhl und der päpstlichen Kurie wurde bereits viel geschrieben, die Publikation von Kejr ist allerdings die erste, die die Thematik und den verlaufenden Prozess vor dem Erzbischof, der Kurie und vor dem Konstanzer Konzil vom Gesichtspunkt des damals gültigen kanonischen Rechtes aus bewertet. Kejr macht sein langjähriges Interesse für das kanonische Recht und das Hussitentum geltend. Er stellt fest, dass die Klageartikel an Hus unrichtige Zitierungen aus seinen Werken enthalten. Einige Aussagen waren unwahr, vom Konzil wurden auch Zeugnisse falscher Zeugen angenommen. Ernste Zweifel weisen die Prozessverfahren vor dem Erzbischof und der Kurie auf. Beim Prozess vor dem Konzil wurden die Prozessregeln Kejr zufolge nicht verletzt. Hus allein handelte untaktisch und mit einigen seinen Auftritten brach er das gültige Gesetz der institutioneilen Kirche.29 27 Idem, Prazská právnická fakulta a právnická univerzita [Prager juristische Fakultät undjuristische Universität], in Dëjiny Univerzity Karlovy [Geschichte der Karlsuniversität], I. 1347/48-1622, red. Michal Svatoä, Praha 1995, 163-182. Dem Vorschlag der Jesuiten zufolge (1622) sollten die „sacri canones” neben dem römischen Recht und dem Stadtrecht zum Gegenstand des Unterrichtes an der wiederaufgenommenen Juristischen Fakultät werden; darüber K. BeráNEK, Právnická fakulta, in Dëjiny Univerzity Karlovy, II. 1622-1802, red. Ivana. Cornejová, Praha 1996, 137-163. 28 M. CERNŸ, Kunes z Trebovle. Stredovëky právník a je ho dílo [Kunesch von Tre bowel. Ein mittelaltericher Jurist und sein Werk], Plzen 1999. 29 J. Kejr, Husùv proces [Prozeß mit Hus], Praha 2000.