Folia Canonica 3. (2000)

STUDIES - Peter Landau: Die Canones Apostolorum im Abendländischen Kirchenrecht, insbesondere bei Gratian

DIE CANONES APOSTOLORUM IM ABENDLÄNDISCHEN KIRCHENRECHT 39 katholischen Kanonisten und wurde seit 1533 regelmäßig mit den Ausgaben des Decretum Gratiani verbunden,65, so noch im 18 Jahrhundert von Justus Henning Böhmer66 Man sah offenbar in den Apostelkanones nach wie vor Texte, die in den Umkreis des Rechts der Urkirche zurückführten. Die Abhängigkeit der Apostelkanones vom Recht der altkirchlichen Konzilien der Reichskirche wur­de erst von der Forschung des 19.Jahrhunderts erkannt.67 Auch im 20.Jahrhun- dert haben wegen der Rezeption durch Gratian die Apostelkanones keineswegs ihre Bedeutung für das kanonische Recht völlig verloren. In den Gesetzbüchern der lateinischen Kirche von 1917 und 1983 sowie im Codex canonum ecclesiarum orientalium beruhen jeweils einige Kanones ma­teriell auf den Canones Apostolorum. An erster Stelle ist hier eine Bestimmung zu nennen, die Klerikern grundsätzlich die berufliche Ausübung von Gewerbe und Handel untersagt; sie findet sich in beiden heute geltenden Codices der katholischen Kirche68 und geht vor allem in der prinzipiellen Formulierung auf C.7 der Canones apostolorum zurück. An zweiter Stelle seien zwei Prinzipien des kirchlichen Vermögensrechts genannt. Es handelt sich einmal um die Rechtspflicht zur Erhaltung des Kirchenvermögens, festgelegt in c.40 der Apostelkanones, die auch in den jetzigen Codices des kanonischen Rechts mit detaillierten Differenzierungen des Gebots aufrechterhalten wird.69 An zweiter Stelle sei aus dem Vermögensrecht das Prinzip der Verfügungsgewalt des Bischofs über das Kirchenvermögen aus c.41 der Apostelkanones genannt, das ebenfalls im geltenden Recht festgehalten wird.70 Im Ordinationsrecht legt c.22 der Kanones das Weihehindernis aufgrund einer Selbstverstümmelung fest; es wird als irregularitas ex delicto auch im heutigen Recht ausdrücklich aufge­führt.71 rezipiert. Auch wird in den Kanones nicht die Priesterehe als gute bestehende Einrichtung vorausgesetzt - so Troje 199 - sondern die Ehe entsprechend der noch im Codex Juris Canonici (can. 1072) festgehaltenen Rechtstradition des kanonischen Rechts nur dem Klerus mit niederen Weihen gestattet (c.27), und ferner den vor Eintritt in den Klerus verheirateten Bischöfen, Priestern und Diakonen die Verstoßung ihrer Ehefrauen untersagt (c.5). 65 Cf. die Übersicht bei A. Adversi, Saggio di un Catalogo delle editioni del Decretum Gratiani posteriori al secolo XV, in Studia Gratiana 6 (1959) 281-451. Unter den bei Adversi aufgeführten 164 Editionen nach der Übersetzung Haloanders erscheinen die Canones apostolorum zuerst in der Ausgabe Lyon 1533 (no.43), danach regelmäßig im 16.Jahrhundert in den Gratianausgaben mit den Druckorten Lyon und Venedig. Entscheidend für die Kombination der Kanones mit dem Dekret wurde die Aufnahme der Apostelkanones in die Editio Romana des Decretum Gratiani 1582 (no.75). Im protestantischen Bereich wurden die Kanones in den Ausgaben von Freiesieben (no.141) und Böhmer (no.147) berücksichtigt. 66 J. H. Böhmer (ed.), Corpus Iuris Canonici, Halae 1747, 1231-1236. 67 Hier ist vor allem das Werk von Bickell, Geschichte (wie Anm. 3) zu nennen. 68 c. 286 CIO,c. 385, 82 CCEO. 69 c. 1284 CIO, c. 1028 CCEO. 70 c. 1276 CIO, c. 1022 CCEO. 71 c. 1041 CIO, c. 762, 5° CCEO.

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