Folia Canonica 3. (2000)
STUDIES - Peter Landau: Die Canones Apostolorum im Abendländischen Kirchenrecht, insbesondere bei Gratian
34 PETER LANDAU Diese Feststellung läßt sich bereits für das Exzerpt aus dem Hispana -Vorwort in D. 16,c. 1 treffen. Gratian hat für diesen Text nicht etwa die Hispana selbst benutzt, sondern die Collectio Tripartita des Ivo von Chartres, wo dieselbe Stelle am Anfang des zweiten Buches mit der Inskription und Rubrik : ‘Ysidorus. Quod canones qui dicuntur apostolorum inter apokrifa sint habendi’ enthalten ist.37 Es folgt mit C.2 der Pseudo- Zepherinustext. Hier ist offensichtlich Ivos Panormie die unmittelbare Quelle gewesen, da der Textumfang fast vollständig mit der Panormie übereinstimmt, nicht aber mit anderen vorgratianischen Kanonessammlungen.38 Bei c. 3, dem Text des Humbert von Silva Candida, hat wiederum die Panormie als Vorlage gedient, da er dort im zweiten Buch rezipiert ist.39 Gratians c.4 folgt auch in der Panormie unmittelbar auf den Humberttext. Es handelt sich um eine bereits durch die Panormie vorgegebene Kombination eines umgeformten Satzes des c.2 des Trullanischen Konzils mit dem bereits erwähnten Exzerpt aus der Vorrede Pseudo-Isidors.40 Es kann nicht zweifelhaft sein, daß Gratian auch diese ungewöhnliche Kombination aus der Panormie bezog, da der Umfang in beiden Sammlungen übereinstimmt. In dem auf c. 4 folgenden Dictum gibt Gratian nochmals zusammenfassend zwei Gründe an, weshalb die Canones apostolorum nicht apokryph sein könnten: 1. Papst Hadrian I. habe das sechste Konzil mit allen Kanones bestätigt, und auf diesem seien die apostolischen Kanones rezipiert worden. 2.1n der ‘professio’ der Päpste finde man eine Verpflichtung auf die acht ökumenischen Konzilien.41 Die erste Begründung stützt sich auf den in D.16, c.5 rezipierten Text, einen Brief Hadrians I. an den Patriarchen Tharasius; hier war die Collectio Tripartita Gratians fons formalis.42 Der Hinweis auf den Amtseid der römischen Bischöfe bezieht sich auf den Liber diurnus - der entsprechende Text ist ebenfalls in D. 16 als C.8 zu finden. Auch hier ist die Tripartita unmittelbare Quelle, da der gesamte Block von D. 16, c.5-10 dort ebenfalls in unmittelbarer Nachbarschaft zu finden ist, nur in einer etwas anderen Sequenz.43 37 Collectio Tripartita, MS Vat.Reg. 973, fol. 72ra. 38 Pan. 2.105. Gratian hat allerdings am Ende des Kapitels die Papstnamen weggelassen. Cf. hierzu auch Fuhrmann, Einfluss (Anm. 23), 915 (no.285). 39 Pan.2.124. In der Panormie wird der Text bereits “Leo episcopus” zugeschrieben. Die Übernahme aus der Panormie bei Gratian wird bereits von Hoesch, Die kanonistischen (Anm. 31) hervorgehoben. Merkwürdig ist allerdings Gratians Inskription ‘contra epistolam Nicetae’ statt ‘ad Nicetam abbatem’ in der Panormie. Sollte Gratian die Contradictio gekannt haben? 4oPan.2.125.In MEINEM Aufsatz ‘Überlieferung’ (Anm. 22), habe ich die Rezeption von Trullanum c.2 in Pan.2.125 bzw. D.16,c.4 übersehen. 41 D.16, Dict.p. c.4. 42 Collectio Tripartita 2.10 (Appendix) - MS Vat.Reg. 973, fol.81vb. 43 In der Tripartita stehen die gratianischen Kapitel in folgender Sequenz: D.16,c.8-9;