Circulares literae dioecesanae anno 1911 ad clerum archidioecesis strigoniensis a Claudio Francisco Cardinale Vaszary principe primate regni Hungariae et archiepiscopo dimissae
III.
32 tung und am Hinzutritte ihrer Kinder zur heiligen Kommunion mitzuwirken haben. Euer Familienheim — christliche Eltern — ist ein heiliger Tempel, in dem ihr nicht nur das körperliche Leben und leibliche Wohl eurer Kinder zu pflegen habet, sondern wo ihr vor allem ihre Seelen nach Christi Geist zu bilden verbunden seid, wo ihr ihre Seelen mit dem Leben der göttlichen Gnade, mit religiösem Leben erfüllen müsset. In diesem Heiligtume der Familie seid ihr — mit den Worten des heiligen Petrus gesprochen — das königliche Priestertum, das heilige Priestertum (I. Pet. 2. 5. 9.), berufen dazu, um geistige Opfer darzubringen. Diese geistigen Opfer sind nichts anders, als jene Gebete, jene Sorgen und guten Werke, die ihr zur religiösen Erziehung euer Kinder zu verwenden habet. Darum nennt der heilige Augustin die Eltern die Seelsorger und Bischöfe der Familie. (Tract. 51. in Joann, n. 13.) Aus diesem heiligen Berufe geht hervor, dass in erster Linie ihr, christliche Eltern, eure Kinder mit Gott, mit Christus dem Herrn und seiner heiligsten Mutter, der allerseeligsten Jungfrau Maria bekannt zu machen habet. Von euch müssen sie die täglichen Gebete erlernen. Von eueren Lippen müssen sie die erste Lehre über die höchsten Wahrheiten unseres heiligen Glaubens und über die Gebote Gottes empfangen. Und wenn ihr so vorbereitet eure Kinder zur Schule entlasset, habt ihr auch forthin mit liebevoller Wachsamkeit und mit Interesse ihren weiteren Fortschritt in der vollkommenen Erkenntniss und Aneignung des heiligen (Glaubens zu verfolgen. Jedoch nicht nur mit Worten, sondern hauptsächlich mit gutem Beispiele habt ihr die Seele eurer Kinder zu erziehen. Die sittliche Athmosphäre, welche eure Kinder in der Familie einatmen, sei stets gesund und sünderein, frei vom Hauche jedes Ärgernisses. Die innige Wärme eurer Gattenliebe, die Lauterkeit eurer Gespräche, die Mäs- sigkeit eurer Wünsche, die gemeinsam verrichteten Gebete, der Mutter fromme Andacht, des Vaters praktisches Glaubensbekenntnis : dies alles wird eure Kinder wirksamer lehren, als jedes Wort; dies ergreift ihr ganzes Wesen, erleuchtet ihre Seele, beeinflusst ihre Herzen, lässt in ihnen die fruchtbaren Keime der Tugenden aufspriesen und bereitet sie vorteilhaft zu jener weiteren und vollkommeneren Glaubenslehre und religiösen Erziehung vor, welche sie einst in der Schule und in der Kirche vom geweihten Diener Gottes erhalten werden. Wenn ihr mit eurem Lebenswandel die Kinder fühlen lässt, dass Jesus Christus nicht nur eine geschichtliche Persönlichkeit sei, dessen Andenken sie mit Ehrfurcht zu erfüllen hat, sondern der lebendige Sohn Gottes ist, der uns erlöst hat, der hier mitten unter uns weilt, der mit seinem Leibe und seiner Seele, mit seiner göttlichen Natur in der heiligen Messe und im grossen Sakramente der Liebe gegenwärtig ist; wenn eure Kinder es sehen, dass ihr oft zum Tische des Herrn herantretet; wenn sie es sehen, dass ihr wenigstens an Sonn- und Feiertagen der heiligen Messe getreu beiwohnet: dann werden eure Kinder schon vor der heiligen Kommunion, von der ersten Regung ihres Verstandes angefangen so auf Jesus hinblicken, wie auf ihren Er-